Deutsche Unternehmen in Indien sind besonders optimistisch – sowohl für das laufende Geschäftsjahr 2023 als auch mittelfristig. 71 % von ihnen erwarten steigende Umsätze und 48 % steigende Gewinne auf dem Sub-Kontinent. Für die Fünfjahres-Perspektive sind die Unternehmen sogar noch positiver gestimmt. Hier erwarten 83 % einen Umsatz- und 73 % einen Gewinnzuwachs. Dies geht einher mit ebenfalls deutlich ambitionierteren Investitionsplänen gegenüber der letzten Umfrage 2021. Hingegen rechnet nur gut jedes zehnte Unternehmen (11 %) für 2023 mit einem Umsatzrückgang. Für 2028 gehen sogar nur noch 6 % der Unternehmen davon aus.
Das sind zentrale Ergebnisse des „German Indian Business Outlook 2023“, einer Umfrage der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) und der Deutsch-Indischen Handelskammer (AHK Indien). Im Mittelpunkt standen die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen in Indien.
Indien bietet viele Vorteile
Die drei wichtigsten Standortfaktoren Indiens für deutsche Unternehmen sind politische Stabilität (62 %), die Verfügbarkeit exzellenter Fachkräfte (56 %) sowie die relativ niedrigen Lohnkosten (45 %). Schon heute ist Deutschland der siebtgrößte ausländische Direktinvestor in Indien. 53 % der deutschen Unternehmen wollen hier im laufenden Jahr ihre Investitionen ausweiten. Vor zwei Jahren planten das nur 36 % der Unternehmen. Im Fünfjahres-Horizont wollen knapp drei Viertel der Unternehmen (73 %) in Indien investieren. Das sind doppelt so viele wie im Jahr 2021.
Potenzialwachstum erhöht Relevanz Indiens
Bei der Produktion für den lokalen Markt in Indien erwarten deutsche Unternehmen einen rasanten Anstieg. Bereits heute produziert jedes dritte Unternehmen (33 %) für die fünftgrößten Volkswirtschaft der Welt. 2028 will das mehr als jedes zweite tun (53 %). Dies ist auch der wachsenden Mittelschicht in Indien mit geschätzt mehr als 430 Millionen Menschen zuzuschreiben. Indien als Export-Hub nutzt aktuell knapp jedes vierte der Unternehmen (24 %). 2028 wollen dies 29 % der Unternehmen tun.
Ein besonders starker Schub zeichnet sich für die Forschung & Entwicklung in Indien ab. Für das laufende Geschäftsjahr 2023 nutzt erst knapp jedes zehnte Unternehmen (9 %) Forschung und Entwicklung in Indien. Bis 2028 plant dies jedes vierte Unternehmen (25 %). Die Ergebnisse zeigen, dass sich das Indien-Narrativ ändert. Weg vom Niedrigkostenstandort hin zu einem wichtigen Standort für F&E. Aufgrund seines wirtschaftlichen Potenzials und seiner qualifizierten Fachkräfte ist Indien unverzichtbar für die Diversifizierung der deutschen Wirtschaft. Insbesondere in den Bereichen Umwelttechnik, Erneuerbare Energien, Digitalisierung, Industrie 4.0 und nachhaltige Infrastruktur hat das Land deutliches Potenzialwachstum
Bürokratie, Korruption und regulatorische Hemmnisse sind größte Herausforderungen
Aktuell fühlt sich mehr als jedes zweite deutsche Unternehmen (53 %) durch Bürokratie und administrative Hürden in Indien beeinträchtigt (59 % in der Vorjahresstudie). 47 % bewerten Korruption als eines der drei größten Probleme (38 % in der Vorjahresstudie). 31 % nennen das regulatorische Umfeld als wesentliche Herausforderung.
Auch mit Blick auf 2028 erwarten deutsche Unternehmen keine wesentlichen Verbesserungen. Ihre Nennungen bleiben unverändert bei Bürokratie bzw. sinken nur um jeweils 2 %-Punkte bei Korruption und regulatorischem Umfeld.
Einfuhrzölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse belasten weiterhin
Hohe Einfuhrzölle belasten 57 % und nicht-tarifäre Handelshemmnisse 35 % der deutschen Unternehmen in Indien. Mit Blick auf die Situation in fünf Jahren legen die Nennungen noch einmal um 6 %- bzw. 5 %-Punkte zu.
Exogene Risiken für weitere Entwicklung Indiens
42 % der Unternehmen bewerten aktuell geopolitische Spannungen und 36 % die Möglichkeit einer neuen Pandemie als die größten exogenen Risiken in Indien. Für beide Belastungsfaktoren erwarten sie jedoch einen Rückgang innerhalb eines Fünfjahres-Zeitraums. Jeweils 40 % der Unternehmen gehen davon aus, dass im Jahr 2028 die globale Erwärmung und Cyber-Attacken die größten Risiken darstellen.
(KPMG vom 27.06.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)