Bei der Digitalisierung ihres Finanz- und Rechnungswesens machen deutsche Unternehmen weitere Fortschritte. Für immer mehr und immer komplexere Aufgaben im Accounting setzen sie moderne Technologien ein. Aber: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist leicht rückläufig.
Dies sind einige der Kernergebnisse der Studie „Digitalisierung im Finanz- und Rechnungswesen 2020“, die die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) erstellt hat. Für die Analyse hat PwC im ersten Quartal 2020 Entscheider aus mehr als 100 mittelständischen und Großunternehmen unterschiedlicher Branchen befragt.
Fachexperten entscheiden häufiger beim Technologieeinsatz mit
Zwar entscheiden bei den meisten Unternehmen noch immer Vorstand bzw. Geschäftsführung über die technologische Architektur des Finanz- und Rechnungswesens. Allerdings sind Fachexperten aus dem mittleren Management immer häufiger daran beteiligt. Ihr Anteil bei Entscheidungen zur Technologiearchitektur ist 2020 auf 28 Prozent gestiegen – gegenüber 19 Prozent in der Vorgängerstudie 2019.
„Dass die Fachbereiche bei Technologiethemen häufiger mitentscheiden, beobachten auch wir seit geraumer Zeit. Denn immer öfter geht es um komplexe, konkrete und detaillierte Lösungen – und dafür braucht es immer stärker das operative Know-how der Experten“, sagt Petra Justenhoven, Mitglied der Geschäftsführung bei PwC Deutschland und Co-Autorin der Studie.
Unternehmen bewerten Technologieeinsatz als progressiver
Die befragten Entscheider empfinden außerdem den Technologieeinsatz im Accounting ihrer Unternehmen häufiger als progressiv. So beurteilten 35 Prozent (2019: 29 Prozent) der Unternehmen den Einsatz als „progressiv“ oder sogar „sehr progressiv“. Für „konservativ“ halten dagegen 24 Prozent der Unternehmen ihren Technologieeinsatz (2019: 27 Prozent). So geben beispielsweise erheblich weniger Befragte an, die Konsistenz ihrer Berichterstattung manuell zu analysieren (30 ggü. 44 Prozent 2019). Dagegen hat sich der Anteil der Unternehmen, die ein vollständig integriertes Reporting verwenden, im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt (zehn statt fünf Prozent). Etwas häufiger nutzen die Unternehmen inzwischen Systeme für quantitative Angaben in allen Reports (23 statt 19 Prozent).
Unternehmen zögerlich beim KI-Einsatz
Leicht rückläufig ist allerdings im Durchschnitt der befragten Unternehmen der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI). Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der befragten Entscheider gibt an, dass sich ihr Unternehmen derzeit nicht mit KI beschäftigt, und nur jedes siebte Unternehmen nutzt die Technologie tatsächlich. Prof. Dr. Rüdiger Loitz, Leiter Capital Markets & Accounting Advisory Services bei PwC Deutschland und Co-Autor der Studie, kommentiert: „Die Erwartungen an KI waren bei unserer ersten Digitalisierungsstudie aus dem Jahr 2016 hoch. Inzwischen haben viele Unternehmen erkannt, dass es für Erfolge beim Einsatz der Technologie mehr Zeit, vor allem aber die richtigen Anwendungen braucht.“ Und er ergänzt: „Vor allem für das Benchmarking und die externe Berichterstattung lässt sich KI mit großem Mehrwert einsetzen.“
Die befragten Unternehmen jedoch, die KI bereits einsetzen, tun dies bei bestimmten Aufgaben wesentlich intensiver. So ist beispielsweise der Anteil der Befragten, der KI zum automatischen Auslesen von Verträgen nutzt, auf mehr als das Doppelte gestiegen (53 Prozent ggü. 26 Prozent 2019). Noch ausgeprägter ist der Anstieg von KI zur Verbesserung von Geschäftsprozessen (67 statt 26 Prozent).
Automatisierung mit Software-Robotern legt leicht zu
Leicht zugenommen hat gegenüber 2019 die Automatisierung von Routineprozessen mithilfe sogenannter Software-Roboter (Robotic Process Automation, RPA). So gaben 15 Prozent – gegenüber 13 Prozent im Vorjahr – der befragten Unternehmen an, eigenentwickelte (fünf Prozent) bzw. am Markt erhältliche (zehn Prozent) Robotics im Accounting einzusetzen. Und: Ein Drittel der Entscheider (33 Prozent) plant, Robotics für Routineaufgaben im Finanz- und Rechnungswesen einzusetzen – sechs Prozent mehr als 2019.
Diese Unternehmen wollen die Technologie vor allem für den Zahlungsverkehr nutzen (2020: 24 Prozent, 2019: 19 Prozent). „RPA entlastet Mitarbeiter vor allem bei manuellen, sich häufig wiederholenden Tätigkeiten und reduziert die Fehleranfälligkeit etwa bei Dateneingaben deutlich“, sagt Petra Justenhoven von PwC. „Die Sorge vor einem hohen Implementierungsaufwand, die manche Entscheider umtreibt, ist oftmals unbegründet. Einführungsdauer und Kosten für den RPA-Einsatz werden in aller Regel überschätzt.“
Entscheider erwarten zusätzlichen Informationsgewinn von digitaler Abschlussprüfung
Die Studie beleuchtet auch die Erfahrungen der befragten Entscheider mit und ihre Erwartungen an eine zunehmend digitale Abschlussprüfung. So glauben zehn Prozent (2019: fünf Prozent) von ihnen, dass sie dadurch „in erheblichem Umfang“ bis dato unbekannte Informationen über ihr Unternehmen erhalten. Und mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) erwartet einen Automatisierungsgrad von 40 Prozent und mehr in den nächsten fünf Jahren (ggü. 43 Prozent 2019).
„Dieses Ergebnis verstehen wir als Appell, die Automatisierung der Abschlussprüfung auch zu ermöglichen. Digitale Tools setzen wir stets mit dem Ziel ein, die Qualität der Abschlussprüfung weiter zu erhöhen – trotz immer kürzerer Erstellungsintervalle. Und das gelingt uns auch“, sagt Prof. Dr. Rüdiger Loitz, Leiter Capital Markets & Accounting Advisory Services bei PwC Deutschland und Co-Autor der Studie.
(Pressemitteilung PwC vom 01.10.2020)