17.05.2019

US-Firmen ziehen massiv Geld aus Europa ab

Autokonzerne auf der Überholspur

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Ein dramatisches Bild zeichnet der neue „Foreign Direct Investment Confidence Index® 2019 (FDICI)“ der internationalen Unternehmensberatung A.T. Kearney für Europa. Laut dem Index, der auf einer jährlichen Befragung von mehr als 500 Führungskräften der Top-Unternehmen aus 30 Ländern beruht, gingen die ausländischen Investitionen stark zurück.

„Die US-Steuerreform hat massive Auswirklungen auf die ausländischen Direktinvestitionen in Europa. In der Vergangenheit hatten US-Unternehmen Gewinne ihrer Tochterunternehmen im Ausland belassen, um der Besteuerung in den USA zu entgehen. Das ist nach der Reform Geschichte. Die Studie zeigt, dass die Zuflüsse nach Europa sogar um 73%, von 372 Milliarden auf 100 Milliarden Dollar, gesunken sind. In den USA ansässige Unternehmen ziehen ihre im Ausland erwirtschafteten Gewinne lieber ab, statt sie – wie früher – wieder hier direkt zu investieren“, so der Zentraleuropachef von A.T. Kearney, Dr. Martin Eisenhut.

Trotzdem zählen die europäischen Industrieländer noch immer zu den beliebtesten Standorten für Investoren, belegen sie doch drei der Top-5-Plätze. So verbesserte sich Deutschland um einen Platz und rangiert hinter den USA auf Platz 2. Nach Kanada (-1) folgen das Vereinigte Königreich auf Platz 4 und Frankreich (+2) auf Platz 5. Italien verbesserte sich um zwei Plätze auf Rang 8 und schaffte es damit – das zweite Jahr in Folge – unter die Top 10. „Die Verbesserung im Ranking ist auf die starke Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zurückzuführen. Positiv wirken sich hier die angekündigten Initiativen der Bundesregierung in den Bereichen Technologie und digitale Infrastruktur aus. So richtete die Bundesregierung einen Fonds für digitale Infrastruktur in Höhe von 3 Milliarden Dollar ein. Außerdem hat Berlin kürzlich eine nationale Strategie präsentiert, Zukunftstechnologien zu unterstützen. Im Zentrum stehen die Förderung von Künstlicher Intelligenz (KI) und schnelles Internet“, erklärt Eisenhut die neue Stärke Deutschlands.

Ein paradoxes Bild zeichnet der Index, wenn es um die Aussagen über zukünftige Investments geht. Seit 2015 geht das Investitionsvolumen stetig zurück, obwohl Investoren regelmäßig eine Erhöhung ankündigen. So fiel das globale Investitionsvolumen von ca. 2 Billionen Dollar im Jahr 2015 auf nur 1,2 Billionen im vergangenen Jahr. Auch 2018 planen wieder fast vier Fünftel der Anleger die Direktinvestitionen anzuheben, nur fünf Prozent wollen sie reduzieren. Betroffen sind in erster Linie die Industrieländer, während die Investitionen in den Schwellen- und Entwicklungsländern konstant bleiben.

Auffällig ist der anhaltende Trend zum „Multilokalismus“. Diese Gegenbewegung zur Globalisierung setzt, angetrieben durch verändertes Konsumverhalten und neue Technologien, auf dezentralisiertes Handeln und eine starke Regionalisierung der Unternehmen. Untermauert wird diese These durch das Studienergebnis, dass für die Mehrheit der Anleger nicht die Länder der Ausgangspunkt für Investitionsentscheidungen sind, sondern die Städte. „Fast 60 Prozent der Investoren legen mehr Wert auf die Stadt als Grundlage für die Auswahl von FDI-Destinationen als noch vor zwei Jahren. Entscheidend sind hier klassische Standortfaktoren wie z.B. Lohnkosten, das Angebot an Fachkräften, Wirtschaftlichkeit, Steuern und Abgaben, Marktgröße, aber auch die Sicherheit. Eine geringere Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen Umweltfaktoren wie saubere Luft/Wasser oder das kulturelle Angebot“, erklärt Eisenhut.

Brexit, Staatsschuldenkrise und US-Handelsstreit sorgen weiterhin für Verunsicherung und trüben den wirtschaftlichen Ausblick. Trotz Abkühlung der Weltwirtschaft zeigen sich immerhin 62 Prozent der Investoren mehr als optimistisch, was die globale Weltwirtschaft betrifft. Allerdings schwindet ihr Optimismus langsam. Auch für Europa und Eurasien sind die Investoren zuversichtlich. Waren vergangenes Jahr noch 27 Prozent eher optimistisch als pessimistisch, sind es dieses Jahr nur noch 18 Prozent. Die Investoren rechnen gerade in Industrieländern wieder mit höherer politischer Instabilität und wirtschaftlichen Risiken. Auch fürchten viele Investoren ein Ansteigen protektionistischer Vorschriften. Dagegen hat die Angst vor geopolitischen Spannungen abgenommen.

Nachdem die Industrieländer in den vergangenen Jahren Plätze an die Schwellenmärkte abgegeben hatten, erfolgte eine Trendwende. 2018 belegten die Industrieländer 22 der 25 Positionen im Index. Trotzdem stufen Investoren Risiken in Schwellenländern als geringer ein. Als aussichtsreichster Kandidat gilt hier China auf Platz 7. Die Volksrepublik liegt damit zwar so schlecht wie noch nie, gilt aber trotzdem als das Land mit dem höchsten Potential.

(Pressemitteilung A.T. Kearney vom 14.05.2019)


Redaktion

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