Weltweit ist die Wertschaffung der Banken das zweite Jahr in Folge rückläufig. Dabei zeigt sich die globale Bankenlandschaft als Welt dreier Geschwindigkeiten: Europa steht unter Druck, Nordamerika und Asien sind leicht positiv, Südamerika, Naher Osten und Afrika zeigen sich hoch profitabel.
Das zeigt der Global Risk Report 2019: Creating a More Digital, Resilient Bank der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Die Studie basiert auf der Auswertung der Wertschaffung – das heißt des Gewinns abzüglich der Risiko- und Kapitalkosten – von mehr als 80 Prozent des weltweiten Bankenmarktes für die Geschäftsjahre 2013 bis 2017. Das Ergebnis: Die Wertschaffung sank von 108 Milliarden Euro im Betrachtungszeitraum 2016 auf 68 Milliarden Euro im Jahr 2017.
„Speziell die europäischen Banken stehen unter Druck. Sie haben auch nach mehr als zehn Jahren den Weg aus der Krise noch nicht gefunden und konnten weiterhin keine positive Wertschaffung erreichen“, erklärt Studienautor Gerold Grasshoff, BCG-Senior-Partner und Leiter der Beratung im Bankensektor für die Region Deutschland und Österreich. Banken in Europa haben vor allem mit niedrigen Zinsen sowie der Bereinigung ihrer Bilanzen um notleidende Kredite zu kämpfen, unter anderem weil eine Rekapitalisierung nach der Krise weniger schnell und umfangreich erfolgt ist als in Nordamerika und dadurch entsprechende Abschreibungen erschwert werden. In Nordamerika konnten Banken von steigenden Zinsen profitieren, auch wenn die Wertschaffung aufgrund anziehender Kosten das zweite Jahr in Folge rückläufig ist. In Asien erlebten die Banken das dritte Jahr hintereinander mit sinkender, jedoch immer noch positiver Wertschaffung. „Insgesamt bleibt die globale Bankenlandschaft eine Welt dreier Geschwindigkeiten: Die Wertschaffung europäischer Banken ist weiterhin negativ. Nordamerika und Asien versuchen, das Niveau zu halten, und die Entwicklungsmärkte in Südamerika, dem Nahen Osten und Afrika zeigen hohe Profitabilität“, sagt Grasshoff.
Effizienz bei Einhaltung der Regulierung erhöhen
Die Strafzahlungen europäischer und nordamerikanischer Banken beliefen sich in den Kalenderjahren 2009 bis 2018 weltweit auf insgesamt 372 Milliarden Dollar. Die Höhe der Strafzahlungen ist im Jahr 2018 mit 27 Milliarden US-Dollar im Vergleich zu 2017 (22 Mrd. $) wieder etwas angestiegen. Die Zahlungen bezogen sich unter anderem auf Fehlverhalten bei der Vergabe von Hypothekenkrediten in den USA während der Finanzkrise, auf Geldwäsche sowie auf Marktmanipulationen, beispielsweise bei Referenzzinssätzen im Zusammenhang mit der Preisbildungsaffäre um die London Interbank Offered Rate (LIBOR).
„Um das Vertrauen in die Finanzmärkte weiter zu stärken, müssen Banken die Qualität und Effizienz bei der Umsetzung regulatorischer Vorgaben erhöhen“, rät Grasshoff. „Dazu gehört, mit neuen Technologien zu experimentieren und Partnerschaften einzugehen, welche beispielsweise die Kosten der Know-Your-Customer-Dokumentation reduzieren und die Prozesse zur Geldwäschebekämpfung verbessern.“
Risikomanagement- und Treasuryfunktionen digitalisieren
Die Risikomanagement- und Treasuryfunktionen von Banken werden sich in den nächsten Jahren stark verändern. Die Palette der Risiken wird größer, während zugleich auch ihre Komplexität zunimmt. Das macht ein schnelleres Agieren erforderlich. Die Nutzung von Echtzeitdaten und analytischen Vorhersagemodellen sowie End-to-End-Automatisierung von Prozessen sind wichtige Tools bei der Digitalisierung, die Risiko- und Treasurymanagern helfen, nicht nur effizienter, sondern auch zu effektiveren strategischen Partnern für die Wertschaffung in Banken zu werden.
„Banken müssen jetzt handeln und rasch die notwendigen Digitalisierungsmaßnahmen setzen“, resümiert Gerold Grasshoff. „Die Digitalisierung führt zum Aufbrechen der Wertschöpfungskette und ermöglicht es Banken, sich neu zu positionieren. Sie werden in Zukunft weniger als Vollanbieter auftreten, sondern eher eine Mischung verschiedener Strategien verfolgen, beispielsweise als Spezialanbieter, Plattformmarktführer oder Infrastruktur-als-Service-Dienstleister.“
(Pressemitteilung BCG vom 04.04.2019)