Dabei ist im Vergleich zum Boom-Jahr 2021 vor allem der Anteil an Neugründungen im Bereich E-Commerce sowie in der Software-Branche leicht rückläufig (E-Commerce: -2%, Software: -3%). Hingegen ist der Anteil von Start-ups, die aus dem Gesundheitstechnologie-Sektor kommen, im Vergleich zum Vorjahr von 10% auf 12% gestiegen.
Deep-Tech-Start-ups wurden für die Auswertung anhand eines Algorithmus identifiziert, der Start-up-Unternehmen auf Basis ihrer Informationen im Handelsregister, ihrer Website und ihres LinkedIn-Profils in Bezug auf von ihnen verwendeten Technologien, adressierten Industrien und Wissenschaftshintergrund klassifiziert. Berücksichtigt wurden dabei Technologiefelder wie Künstliche Intelligenz, Quantum Technologie, Biotechnologie, Robotik, Sensorik, Klimatechnologie, Virtual und Augmented Reality, und Spacetech.
Deutschlandweite Verteilung von Neugründungen: Bayern erstmals gleichauf mit Berlin
Prozentual gesehen kamen im letzten Jahr 18% aller Neugründungen aus Bayern, in diesem Jahr waren es zwischen Januar und September bereits 21%. Damit ist der Anteil an Neugründungen im bundesweiten Vergleich erstmals genauso hoch wie in Berlin (ebenfalls 21%). Auf dem dritten Platz befindet sich Nordrhein-Westfalen, wo zwischen Januar und September 17% aller neuen Start-ups gegründet wurden, gefolgt von Baden-Württemberg (11%) und Hessen (8%). Laut der Studienautoren haben innovative Wagniskapitalfirmen bereits erkannt, dass die erfolgreichsten Gründerteams der Zukunft nicht nur aus Start-up-Hubs wie Berlin oder London kommen, sondern auch an technologischen Wissenschaftsstandorten wie beispielsweise München oder Zürich zu finden sind.
Anstieg von Deep-Tech: Der Anteil von Deep-Tech-Start-ups ist von 6 auf 10% gestiegen
In Zeiten der Krise verschiebt sich der Fokus auf neue technologische Lösungen. Besonders gut stehen deshalb die Chancen für Deep-Tech-Start-ups. Deep-Tech-Unternehmen entwickeln problemorientierte Produkte und Lösungen, die mehrheitlich auf wissenschaftlicher Forschung oder neuartigen Algorithmen basieren. Dabei verbinden sie verschiedene Technologieansätze und sind überwiegend schutzfähig, beispielsweise durch Patente, und damit schwerer nachahmbar.
Die Datenuntersuchung von Morphais VC zeigt einen kontinuierlichen Aufwärtstrend hinsichtlich der Zahl von Deep-Tech-Neugründungen. So wurden von Januar bis September dieses Jahres jetzt schon genauso viele Deep-Tech-Neugründungen in Deutschland gezählt, wie im gesamten Boom-Jahr 2021 (2022: 209 Start-ups, 2021: 207 Start-ups, 2020: 107 Start-ups). Insgesamt ist im Vergleich zum Vorjahr der Anteil von Deep-Tech-Start-ups von 6% auf 10% gestiegen.
Positive Entwicklungen im Bereich Deep-Tech
Dass die Zahl der Neugründungen im Deep-Tech-Bereich weiter steigt, ist den Studienautoren zufolge ein sehr positives Zeichen für die Branche und für Deutschland als Innovationsstandort. Laut der Analyse sind Deep-Tech-Start-ups für Venture-Capital-Investoren besonders attraktiv, weil die Zahl der Start-ups, die einen Exit machen, bei Deep-Tech-Unternehmen 21% höher ist als bei durchschnittlichen Start-ups aus Europa.
Deep-Tech-Lösungen werden am häufigsten für den Gesundheitsbereich entwickelt
Des Weiteren belegt die Datenauswertung von Morphais VC, dass problemorientierte, technologische Lösungen aktuell am häufigsten für den Gesundheitsbereich entwickelt werden: 16% aller Deep-Tech-Neugründungen sind dem sogenannten Health-Tech-Bereich zuzuordnen. Allgemein gilt der Gesundheitssektor als eine der Schlüsselbranchen, in denen innovative Lösungen besonders dringend notwendig sind. Zudem kommen 15% aus dem Bereich Software, 10% sind Industrie-Lösungen (z.B. Robotics), 9% fallen in die Kategorie Blockchain und Krypto und 8% sind Klima-Technologien.
Steigendes Interesse an problemorientierten Lösungen
Aktuell ist die Aufmerksamkeit für das Thema Deep-Tech so hoch wie schon lange nicht mehr, stellen die Studienautoren fest. Durch die Kombination aus starker Forschungslandschaft und einer neuen Gründergeneration entstehe ein enormes Lösungspotenzial, um die zukünftigen Herausforderungen in den Bereichen Klima, Gesundheit, Resilienz oder Fachkräftemangel zu bewältigen.
Gleichzeitig sehen die Studienautoren aber weiterhin eine Kluft zwischen Universitäten, Gründertum und Investoren. Es gibt immer noch große Reibungsverluste, wenn es um kapitalmarktfähige Verträge zur Nutzung geistigen Eigentums geht. Zudem müssten Venture-Capital-Unternehmen fähig sein, das Risiko von Technologie einschätzen und tragen zu wollen. Auch gebe es in Europa weiterhin Bedarf nach mehr Kapital, damit sich Deep-Tech-Start-ups zu wettbewerbsfähigen, global erfolgreichen Unternehmen entwickeln könnten.
Laut der Analyse fehlt es oft noch an einem gegenseitigen Verständnis, wie die Welt des jeweils anderen funktioniert. Das klassische Deep-Tech-Gründerteam gründe oft zum ersten Mal und habe bisher keine oder nur wenige Berührungspunkte mit Kapitalgeber. Zudem würden sich die akademische Wissenschaftskultur und deren Regelwerk deutlich vom Kapitalmarkt unterscheiden. Ein Deep-Tech-Start-up kann man auch nicht wie ein App-Unternehmen mit ‘blitzscaling’ innerhalb kürzester Zeit zu einem Exit bringen, warnen die Studienautoren. Hier müssten beide Welten noch weiter zusammenwachsen, was aber auch gerade passiere.
Viel Nachholbedarf bei Investments in Deep-Tech-Lösungen
Für die nächsten Jahre sehen die Autoren der Analyse aber noch viel Nachholbedarf, wenn es um die Unterstützung von Start-ups geht. Obwohl Deep-Tech-Lösungen für die Zukunft unserer Gesellschaft unverzichtbar seien, investieren traditionelle Venture-Capital-Investoren immer noch überwiegend in Gründer mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund. Gleichzeitig würden viele Investoren nur innerhalb ihres eigenen Netzwerks scouten. Problematisch hierbei sei, dass sehr talentierte Gründerteams außerhalb des Netzwerkes übersehen werden und Kapital ungleich verteilt werde. Um die globalen Herausforderungen unserer Welt zu lösen, muss europaweit mehr Kapital in Gründerteams fließen, die starke technologische Lösungen und damit wirkliche Innovationen entwickeln, denn diese Lösungen sorgen dafür, dass unser europäischer Technologiemarkt international wettbewerbsfähig wird und sie lassen neue Märkte entstehen, so das Fazit der Studienautoren.
Weitere Informationen zur Morphais-Datenauswertung finden Sie hier.
(Pressemitteilung Morphais VC vom 26.10.2022)