Die Ergebnisse des CFO Survey Frühjahr 2024 zeigen erste Anzeichen einer konjunkturellen Erholung, vor allem in den binnenmarktorientierten Branchen dank fallender Inflation und absehbarer Zinssenkungen. Für exportorientierte Branchen wiegen hingegen geopolitische Risiken schwerer und bremsen die Geschäftsentwicklung. Dieses Thema bleibt damit entscheidend für die konjunkturelle Entwicklung, doch wie genau wappnen sich Firmen gegen die Auswirkungen geopolitischer Risiken?
Rund 57 % der 199 im März und April befragten Finanzvorständinnen und -vorstände gaben an, dass die Erreichung ihrer strategischen Ziele in hohem bzw. sehr hohem Maße von geopolitischen Risiken beeinflusst wird. Die wahrscheinlichsten und gleichzeitig wichtigsten geopolitischen Risikoszenarien sind für die CFOs handelspolitische Hindernisse, eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine, staatlich orchestrierte Cyberattacken, aber auch der demografische Wandel in Deutschland und dem Ausland.
Ein möglicher China-Taiwan-Konflikt wird als nicht sehr wahrscheinlich angesehen, hätte aber große Auswirkungen, vor allem für die Konsumgüterindustrie, den Handel und die Technologiebranche. Zunehmender Protektionismus und die Entstehung von Handelsblöcken werden als wahrscheinlich gesehen und hätten für die Auto- und die Chemieindustrie die gravierendsten Auswirkungen.
Geopolitische Krisen werden eher situativ gehandhabt
Aktuell berücksichtigen fast zwei Drittel der Manager geopolitische Risiken im Lieferkettenmanagement, bei anderen Unternehmensentscheidungen spielt Geopolitik eine geringere Rolle. Standort- und Investitionsfragen sind in diesem Punkt nur bei etwas mehr als einem Drittel der Studienteilnehmer relevant. Das verarbeitende Gewerbe ist hier schon weiter, über die Hälfte der Unternehmen berücksichtigt geopolitische Risiken bei ihren Investitionsentscheidungen, in der Chemieindustrie und beim Maschinenbau sind es noch einmal deutlich mehr.
Das Management von geopolitischen Risiken liegt bei den meisten Unternehmen im Strategie- oder Finanzbereich. Im Vorstand wird das Thema bisher meist nur punktuell im Falle aufkommender Gefahrensituationen behandelt. Allerdings sollen in Zukunft die Maßnahmen für geopolitische Resilienz verstärkt werden – vor allem durch den Einsatz von Stresstests und Szenarioanalysen.
Geopolitische Risiken in alle Geschäftsbereiche miteinbeziehen
„Auch wenn der unternehmerische Fokus sich bisher vor allem auf die Lieferketten richtet, sollten auch die anderen Geschäftsbereiche aktiv geopolitische Risiken in ihre Entscheidungen miteinbeziehen“, so Dr. Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research bei Deloitte. „Es fällt auf, dass in den meisten Vorständen geopolitische Risiken nicht systematisch, sondern eher situativ und weniger strategisch verankert sind. Das kann sich rächen, wenn die Krisen – so wie in den vergangenen Jahren – unerwartet und heftig Realität werden. Allerdings sehen wir auch, dass Maßnahmen zur Stärkung der geopolitischen Resilienz ausgebaut werden. Stresstests und Szenarioanalysen helfen dabei, potenzielle Auswirkungen abzuschätzen und frühzeitig Alternativen zu entwickeln.“
Die Bedeutung von CFOs im Vorstand ist signifikant gestiegen
Der Verantwortungsbereich des Finanzbereichs hat sich in den vergangenen Jahren durch neue Anforderungen stetig erweitert, die Rolle der CFOs hat sich geändert – vom Datenlieferanten zum wesentlichen Mitentscheidenden, sei es bei Investitionen, Firmenübernahmen oder Standortfragen. Auch gewachsene Bedeutung und Anforderungen von ESG-Regularien, digitaler Transformation und Risikomanagement haben die Position der CFOs im Vorstand und gegenüber Aufsichtsgremien in den letzten Jahren signifikant gestärkt.
„Der Verantwortungsbereich der CFOs hat sich wesentlich gewandelt und spiegelt zahlreiche erweiterte Anforderungen wider, die inzwischen zu den Kernaufgaben der Finanzfunktion hinzugekommen sind“, sagt Rolf Epstein, Partner und Leiter des CFO Program von Deloitte. „So verantwortet der CFO heute ein breites Spektrum an zusätzlichen Themen zur Steigerung des Unternehmenswertes. Am prägnantesten bestimmen aktuelle Disruptionen des Marktumfeldes wie Digitalisierung, Geopolitik und Dekarbonisierung die CFO-Agenda. Zugleich haben Themen wie etwa ESG-Management, digitale Transformation und Risikomanagement in den letzten Jahren einen großen Bedeutungszuwachs erfahren.“
Zentralisierung der Prozess-Governance
Dennoch: Nur ein Viertel der Unternehmen zentralisiert unternehmensweite Prozess- und Daten-Governance im CFO-Bereich. Eine bedeutende Rolle bei der Zentralisierung der Prozess-Governance spielen dabei sektorspezifische Anforderungen. So verzichtet durchschnittlich knapp die Hälfte der Unternehmen auf eine zentrale Prozess-Governance, den niedrigsten Wert liefert mit unter zehn % das Bankwesen, der höchste Wert (58%) wird hier im Technologiesektor realisiert.
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(Deloitte vom 08.05.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)