11.04.2023

Banken rechnen mit mehr Kreditausfällen

Die schwierige Konjunkturlage und hohe Energiepreise werden sich nach Einschätzung deutscher Banken spürbar auf die Kreditvergabe auswirken und zudem zu steigenden Kosten für Kreditnehmer führen.

Beitrag mit Bild

©ferkelraggae/fotolia.com

59 % der 120 für die „EY Kreditmarktstudie“ befragten Bankmanager bezeichnen die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland als schlecht – nur 4 % als gut oder sehr gut. Und 86 % halten Kreditausfälle wegen der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingung für wahrscheinlich. Erschwerend hinzu kommen die hohen Energiepreise, die nach Einschätzung von 67 % der Befragten zu Kreditausfällen führen werden.

Vor diesem Hintergrund sinkt der Anteil der Banken, die mehr Kredite vergeben wollen, im Vergleich zum Vorjahr drastisch: von 61 auf 14 %. Aktuell planen 67 % der Banken, ihre Kreditvergabe herunterzufahren.

Kredite werden teurer – und häufiger abgelehnt

Auf die Bankkunden – ob Unternehmen oder Verbraucher – kommen daher höhere Anforderungen, steigende Kosten und häufigere Ablehnungen von Kreditanträgen zu: 76 % der befragten Banken werden in den nächsten zwölf Monaten höhere Anforderungen an Dokumentation und Sicherheiten bei Krediten stellen. Bei 64 % der Banken werden für Neukunden die Kreditnebenkosten steigen, und 43 % der Bankmanager rechnen mit mehr Ablehnungen von Kreditanträgen. Einige Banken wollen zudem keine neue Kreditlinien gewähren (21 %).

ESG-Kriterien spielen bei Unternehmenskrediten eine immer größere Rolle

Die Banken erhöhen derzeit bei der Kreditvergabe nicht nur die Anforderungen an Sicherheiten und Dokumentation. Sie berücksichtigen bei Unternehmenskrediten zudem zunehmend auch Nachhaltigkeitskriterien. Bei jeder fünften Bank sind ESG-Kriterien nach eigenen Angaben bereits Teil des Kreditvergabeprozesses, bei jeder vierten Bank werden die entsprechenden Prozesse gerade umgesetzt, bei 41 % der Banken gibt es entsprechende Planungen.

„Der Druck auf die Banken, Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen, steigt deutlich“, sagt Christoph Roessle, Partner Strategie- und Transaktionsberatung Finanzdienstleistungen bei EY. „Sowohl die europäischen Regierungen als auch die Aufsichtsbehörden fordern von der Kreditwirtschaft, sich stärker auf Nachhaltigkeit auszurichten. In der Praxis erweist sich dieses Vorhaben allerdings angesichts der Vielfalt der regulatorischen Anforderungen und der noch ausstehenden Standardisierungen oftmals als große Herausforderung.“

„Wer ESG-Kriterien nicht beachtet, geht ein erhebliches Reputationsrisiko ein“

Roessle berichtet, dass die meisten Institute beim Thema Nachhaltigkeit in der Kreditvergabe noch am Anfang stehen. „Der Wille ist da, aber die praktische Implementierung gestaltet sich schwierig – was auch an veralteten IT-Systemen liegt.“ Bei vielen Instituten fehle es noch an den technologischen Infrastrukturen, um ESG-Kriterien im Kreditgeschäft vollumfänglich berücksichtigen zu können: Lediglich 21 % der Banken verfügen bislang über die erforderlichen technischen Möglichkeiten, um aus ihren Bestandskrediten ESG-Kriterien herauszufiltern. Immerhin: Die Mehrheit der befragten Bankmanager erwartet, dass mittel- bis langfristig die Rentabilität ihres Hauses durch die Vergabe von ESG-Krediten steigt. Roessle kommentiert: „Unabhängig davon, ob sich die Beachtung von ESG-Kriterien positiv auf die Marge auswirken wird, steht für Banken und Sparkassen fest: Wer ESG-Kriterien nicht beachtet, geht ein erhebliches Reputationsrisiko ein.“

(EY vom 11.04.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)


Weitere Meldungen


Meldung

pitinan/123rf.com

15.07.2025

Steigendes Alter der Unternehmer bremst Investitionen

Ältere Unternehmensinhaber investieren deutlich seltener als junge. Zwischen 2004 und 2023 betrug der durchschnittliche jährliche Unterschied der Unternehmensinvestitionen zwischen der niedrigsten und der höchsten Altersklasse im Mittel 20 Prozentpunkte: Während Mittelständler mit Inhabern unter 40 Jahren im Mittel zu 58 % Investitionen vornahmen, waren es bei älteren Inhabern über 60 Jahren lediglich 38 %. Am höchsten war die

Steigendes Alter der Unternehmer bremst Investitionen
Meldung

©number1411/fotolia.com

14.07.2025

Studie zur Gewinnverwendung in Familienunternehmen

Sie ist Bindungsfaktor zwischen Gesellschafter und Unternehmen, aber ebenso Auslöser von Konflikten – die Ausschüttung. Über Geld spricht man nicht? In diesem Fall doch: Mehr als 180 deutsche Familienunternehmen geben in einer aktuellen PwC-Studie Einblick in ihre Ausschüttungspolitik und die Verwendung ihrer Gewinne. Die sieben wichtigsten Ergebnisse im Überblick: Firma vor Familie: Familienunternehmen gehen verantwortungsvoll

Studie zur Gewinnverwendung in Familienunternehmen
Meldung

Dr. Johann Thieme und Prof. Dr. Oliver Roll

11.07.2025

Regionalbanken: „Mut zur Investition zahlt sich aus“

Deutschlands Regionalbanken stehen an einem Wendepunkt: Sinkende Zinserträge, wachsender Wettbewerb und steigende Kosten zwingen sie zum strategischen Umdenken, zeigt eine neue Studie. Prof. Dr. Oliver Roll und Dr. Johann Thieme erklären im Interview, welche Institute jetzt durch klare Fokussierung, Digitalisierung und gezielte Investitionen in Vertrieb und Pricing punkten und welche Gefahr laufen, den Anschluss zu

Regionalbanken: „Mut zur Investition zahlt sich aus“

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank