Der Krieg in Europa geht aber natürlich nicht spurlos an den Geschäftsengeln vorbei. Jeder Dritte gibt an, dass der blutige Konflikt mittelbar sehr wohl einen Einfluss auf sein Engagement nimmt. Das zeigt sich auch an verschiedenen Stellen der Panel-Befragung. Besonders augenfällig ist das deutlich reduzierte Investitionsvolumen: Rechnerisch machte jeder der Teilnehmer im 1. Quartal des laufenden Jahres nur knapp 56 000 € locker. Zum Vergleich: Im Vorquartal waren es noch 86 000 €.
Mitverantwortlich dafür waren die potenziell Begünstigten ein Stück weit selbst. Die Unternehmensgründer verschickten jedenfalls relativ wenige Businesspläne: Jeder Panel-Teilnehmer fand im Durchschnitt nur noch 20 ausformulierte und durchgerechnete Geschäftsideen in seinem Postfach. Im Vorquartal waren es noch über 30. Dementsprechend sank auch die Zahl der Beteiligungsgespräche. Jeder Business Angel führte nur rund zwei konkrete Vertragsverhandlungen – was fast einer Halbierung des Wertes aus dem 4. Quartal 2021 entspricht.
Wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit macht Wagnisfinanzierer vorsichtig
Gemessen daran ist die Zahl der neuen Beteiligungen noch relativ hoch: Knapp jeder zweite Befragte investierte frisches Kapital, einige sogar mehrfach.
Bemerkenswert ist, wie klein das Budget der Panel-Teilnehmer aktuell ist: Sie gaben an, nur noch gut 30% ihrer für Angel-Investitionen vorgesehenen Mittel frei verfügbar zu haben. Im Vorquartal waren es noch gut 40%. Auch diese kräftige Verknappung des Geldes dürfte eine Folge des Ukraine-Kriegs sein. Hintergrund: Jede wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheit macht Wagnisfinanzierer vorsichtig. Schließlich kann derzeit niemand verlässlich abschätzen, wie viel Liquidität bestehende Beteiligungen noch benötigen – bei einigen drohen Durststrecken, die es zu überwinden gilt. Verschärft wird die Situation durch das weiter wütende Coronavirus und die weltweit stockenden Lieferketten.
Für gute Geschäftsideen finden sich immer Unterstützer
Potenzielle Gründer sollten trotzdem nicht den Kopf in den Sand stecken. Denn für wirklich gute Geschäftsideen finden sich immer Unterstützer. Beste Karten beim Rennen um Rat und Geld haben derzeit Umwelttechniker, Softwareentwickler und Energieexperten. Letztere machten einen riesigen Sprung auf das Treppchen: Unter den Top-3 waren sie seit Jahren nicht, zuletzt belegten sie Platz 6. Weitere Branchen, in denen sich die Business Angels derzeit gerne engagieren sind Life Sciences, Industrieautomation, E-Business/Web-Services und Medizintechnik. Wenig Hoffnung hingegen darf sich der stationäre Einzelhandel machen. Er belegt – wie eigentlich immer – den letzten Platz im Beliebtheitsranking.
Positive Exitbilanz der Investoren
Überraschend positiv zeigt sich die Exitbilanz der Investoren. Die insgesamt 30 Panel-Teilnehmer meldeten sieben Fälle, in denen sie ihre Anteile veräußern konnten: In je drei Fällen waren Finanzinvestoren bzw. strategische Investoren die Abnehmer, einmal kauften die Gründer das Stück vom Kuchen zurück. Keine einzige Beteiligung musste liquidiert werden.
Und wie spiegeln sich all diese Zahlen und Umstände im Stimmungsbild der Wagniskapitalgeber wider? Ihre aktuelle Geschäftslage bewerteten sie mit 4,93 Punkten. Bei den Geschäftsaussichten reichte es immerhin für 5,03 Punkte. Beide Werte sind im Vergleich zum Vorquartal leicht rückläufig – was bei einem Blick in die Nachrichten aber auch niemanden verwundern kann. Bei der Bewertung reichte die Skala von 1 (=sehr schlecht) bis sieben (=sehr gut).
Weitere Informationen zum Business Angels Panel finden Sie hier.
(Pressemitteilung Business Angels Netzwerk Deutschland vom 24.05.2022)