Droht der deutschen Wirtschaft das Ende der fetten Jahre? Laut aktuellem CFO Survey von Deloitte, dem Stimmungsbarometer der Finanzvorstände, geht der Trend in diese Richtung.
Zwar wird die wirtschaftliche Lage nach wie vor sehr positiv beurteilt – Drei Viertel der befragten CFOs bewerten die Lage in Deutschland als gut oder sehr gut, zwei Drittel teilen diese Ansicht für die USA. Allerdings wandelt sich das Bild, wenn es um die Aussichten der kommenden 12 Monate geht. 31 Prozent der Befragten rechnen mit einer Verschlechterung der Konjunktur, nur 19 Prozent mit einer Verbesserung. Rund ein Drittel erwartet gar eine Rezession hierzulande. Die konjunkturelle Skepsis überträgt sich auch auf die Unternehmensebene: Lediglich sechs Prozent der Befragten planen Neueinstellungen – bei der Befragung vor einem Jahr waren es 31 Prozent. Ein deutliches Minus gibt es auch bei den geplanten Investitionen: 18 Prozent der Befragten wollen diese steigern (Frühjahr 2018: 47%).
„Die Unternehmen spüren, dass die deutsche Wirtschaft vor einer Wende stehen könnte. Die Befragten geben sich tendenziell pessimistischer als noch vor Jahresfrist. Dabei gibt es eine Reihe von vor allem politischen Risiken, die eine Konjunkturabkühlung beschleunigen könnten, vor allem politische Risiken wie der Brexit. Die Risiken haben die CFOs zwar fest im Blick, es scheint aber noch an konkreter Vorbereitung zu mangeln“, erklärt Dr. Alexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte.
Exportorientierte Branchen mit zumeist negativen Erwartungen
Auffällig sind die ausgeprägten Branchenunterschiede, vor allem in Bezug auf die Geschäftsaussichten und Investitionen. Exportorientierte Branchen, wie die Auto- oder Chemieindustrie, sind bezüglich der eigenen Geschäftsentwicklung sehr pessimistisch eingestellt und planen einen Investitionsrückgang. Für binnenmarktorientierte Branchen, wie Immobilien oder Handel, gilt das Gegenteil.
Bei den maßgeblichen Risiken für die eigene Geschäftstätigkeit gewinnen konjunkturelle wie auch internationale Fragen wieder an Wert. Zwar ist das größte unternehmerische Risiko für die Befragten nach wie vor der Fachkräftemangel, der für eine aktuell gute Konjunktur spricht (62%, keine Veränderung). Stark zugenommen haben aber geopolitische Risiken wie Brexit und Handelskrieg (58%, + acht Prozentpunkte zum Umfrage Herbst 2018) sowie eine schwächere Inlandsnachfrage (47%, + sieben Prozentpunkte). Es folgen steigende Lohnkosten (38%, + ein Prozentpunkt) sowie mit deutlicher Zunahme von 13 Prozentpunkten eine schwächere Auslandsnachfrage (35%). Neben den Risiken für das eigene Unternehmen sehen die Befragten auch eine Vielzahl von Gefahren, die die Weltwirtschaft als Ganzes betreffen. So halten mehr als acht von zehn CFOs einen Anstieg des Protektionismus und Populismus für realistisch (86 bzw. 83%). Mehr als jeder zweite CFO (58%) erachtet Cyberangriffe auf sein Unternehmen sowie auf Regierungen als wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich. Einen harten Brexit halten 57 Prozent für vorstellbar, eine neu Euro-Krise 53 Prozent. Allerdings sehen die Befragten ihre Unternehmen von den meisten dieser Risiken – mit Ausnahme einer Eurokrise – eher moderat betroffen.
Lösungen auf Ende des Booms Mangelware
Immerhin 69 Prozent der Befragten halten sich für ein Erlahmen der Konjunktur gut vorbereitet, 21 Prozent sogar sehr gut. Allerdings hat nur eine Minderheit (35%) der Befragten einen konkreten Aktionsplan für ein Ende des Booms erstellt. Sollte es zu einem Abschwung kommen, würden sich die meisten Befragten auf eine Anpassung der Kreditlinien (von 43 Prozent geplant oder umgesetzt) konzentrieren. Auch die Verbreiterung der Geschäftstätigkeit auf neue Kundengruppen/Regionen oder Marktsegmente (42%) und die erhöhte Nutzung von fortgeschrittenen Technologien zur Effizienzsteigerung (38%) sind häufig umgesetzte bzw. angedachte Maßnahmen. 37 Prozent gaben Diversifizierung der Finanzierungsquellen an, 34 Prozent Reduzierung der Schulden.
Skalierbarkeit nur teilweise gegeben
Wie steht es um die Skalierbarkeit der Finanzfunktion, um sie gegebenenfalls an neue konjunkturelle Verhältnisse anzupassen? Die breite Mehrheit, 59 Prozent, sehen sie gegeben. 34 Prozent hingegen nicht. Konkret wollen die CFOs im Falle eines Anpassungsbedarfs Shared Services in Anspruch nehmen (von 37 Prozent umgesetzt, bei 18 Prozent in Planung), Prozesse automatisieren (32%/49%) oder auch Zeitarbeitskräfte einstellen (28%/10%). Gleichzeitig planen knapp zwei Drittel der Befragten, im Falle einer Rezession ihr Digitalisierungsbudget unverändert beizubehalten, 16 Prozent beabsichtigen sogar, dieses auszuweiten.
„Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die CFOs ihre Finanzfunktionen gut auf eine mögliche Rezession vorbereitet sehen. Der verstärkte Einsatz digitaler Technologien verbessert zunehmend die Fähigkeit, auf neue Bedarfe zu reagieren. Die Personalfrage hingegen spaltet die Studienteilnehmer: 42 Prozent wollen die Belegschaft im Krisenfall reduzieren, 51 Prozent planen auch bei negativen Perspektiven mit der aktuellen Personalstärke“, führt Rolf Epstein, Leiter CFO Programm, aus.
Die komplette Studie finden Sie hier zum Download.
(Pressemitteilung Deloitte vom 07.05.2019)