• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Deutsche Banken riskieren, die Industrialisierung des Kreditgeschäfts zu verpassen

08.11.2019

Deutsche Banken riskieren, die Industrialisierung des Kreditgeschäfts zu verpassen

Beitrag mit Bild

© momius / fotolia.com

Viele hiesige Banken agieren in ihrem wichtigsten Geschäftsfeld, dem Kreditgeschäft, nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das geht aus einer Studie hervor, für die die Beratungsgesellschaft PwC mehr als 40 der 150 größten Banken aus der DACH-Region befragt hat, wie weit sie mit der Industrialisierung ihres Kreditgeschäfts vorangekommen sind. Dabei zeigt sich: Im Retail-Segment erreichten die Institute gerade mal einen durchschnittlichen Industrialisierungsgrad von 48 Prozent. Im Firmenkundenbereich waren es sogar nur 31 Prozent.

Große Unterschiede im Industrialisierungs-Grad

„Die Industrialisierung des Kreditgeschäfts ist heutzutage ein entscheidender Erfolgsfaktor für praktisch jede Bank. Das gilt umso mehr, als die Zinsen auf Jahre hinaus niedrig bleiben werden – die Margen also dauerhaft unter Druck stehen und die Kosten damit der entscheidende Faktor werden“, sagt Tomas Rederer, Partner „Digital Operations“ im Bereich Financial Services Consulting bei PwC.

Vor diesem Hintergrund sei gerade die enorme Spreizung zwischen den Banken frappierend: „Im Privatkundengeschäft kam das beste untersuchte Institut auf einen Industrialisierungsgrad von 87 Prozent, was ganz hervorragend ist. Dagegen erreichten viele andere Banken gerade mal Werte zwischen 10 und 30 Prozent, bei einer waren es sogar nur elf Prozent. Im Firmenkundengeschäft ist die Spreizung ähnlich“, so Rederer. „Ob solche Institute dauerhaft am Markt bestehen können, muss ernsthaft befürchtet werden.“

Das Fokus-Thema für die nächsten zwei Jahre heißt „Automatisierung“

Konkret befragte PwC die Banken nach rund 80 Hebeln, anhand derer sich der Stand der Industrialisierung im Firmen- und Privatkundengeschäft quantifizieren lässt. Dazu zählen Tools wie die „Elektronische Kreditakte“ oder die „digitale Antragsstrecke“ ebenso wie neue Technologien (Beispiel: „Robotic Process Automation“) oder die sogenannte „XS2A“-Schnittstelle für den automatisierten Zugriff auf Kundenkonten bei anderen Banken. Somit hätte eine Bank bei 100 Prozent alle möglichen Hebel vollständig umgesetzt. Dies ist jedoch selten sinnvoll. Nicht jeder Hebel passt zu jedem Geschäftsmodell oder ist im Einzelfall ökonomisch vorteilhaft. Daher ist der Zielkorridor niedriger.

Um festzustellen, auf welche Industrialisierungsfelder sich die Branche besonders fokussiert, ordnete PwC die rund 80 Hebel überdies vier Kategorien zu. Nämlich 1. Automatisierung (zum Beispiel Robotics oder künstliche Intelligenz), 2. Organisation (zum Beispiel Arbeitsteilung oder Spezialisierung), 3. Standardisierung (zum Beispiel Prozess-Straßen) und 4. Steuerung & Controlling (zum Beispiel Auslastung-Optimierung). Dabei kam heraus: In den beiden zurückliegenden Jahren haben sich die Banken in der DACH-Region vor allem auf die „Standardisierung“ konzentriert (84 Prozent Retail, 71 Prozent Firmenkunden). Dagegen steht in den kommenden beiden Jahren das Thema „Automatisierung“ im Fokus (96 Prozent Retail, 89 Prozent Firmenkunden), gefolgt von Steuerung & Controlling (80 Prozent Retail, 71 Prozent Firmenkunden).

„Das Zeitalter der Kreditmanufakturen ist definitiv vorbei“

„Die vielleicht wichtigste Erkenntnis unserer Studie ist, dass es im Kreditgeschäft nicht nur um Digitalisierung geht – sondern dass die Banken die Herausforderungen, die vor ihnen liegen, viel umfassender angehen müssen. Die industrielle Logik, wie wir sie zum Beispiel aus der Automobilindustrie kennen, erfasst momentan auch das Kreditgewerbe. Leider gibt es hierzulande zu viele Banken, die auf diese Entwicklung unzureichend eingestellt sind – und hoffen, sie könnten das Kreditgeschäft insbesondere im Firmenkundengeschäft immer noch betreiben wie eine Manufaktur.“

Dass es sich dabei um einen Irrglauben handelt, ist Rederer überzeugt: „Wenn wir uns die Vorreiter unter den untersuchten Instituten anschauen, dann sehen wir dort nicht mehr viel Handarbeit. Stattdessen schalten die ersten Banken voll-digitale Baufinanzierungen live, agile IT-Strukturen ersetzen die Legacy-IT, und das Thema Auslagerung gewinnt wieder an Fahrt, auch in Richtung Fintechs.“ Das bedeute nicht, dass jede Bank nach einem maximalen Industrialisierungsgrad streben muss. Aber, so Rederer: „Noch sind die Abstände aufholbar, da auch führende Institute oft noch keine optimale Kombination der Hebel gefunden haben. Schon bald wird der Abstand aber zu groß sein. Insbesondere, was die Erfahrung in der Industrialisierung ganzer Organisationen angeht.“

(Pressemitteilung PwC vom 07.11.2019)


Redaktion

Weitere Meldungen


Meldung

© kritchanut/fotolia.com

10.09.2024

Unternehmensverkauf: Deutsche KMU-Unternehmer sind am unzufriedensten

42 % der deutschen Unternehmer sind offen für einen Ausstieg, auch wenn sie hierzu zunächst Verständnis und Strategie entwickeln müssen. Dabei wird der demografische Wandel zunehmend zum entscheidenden Faktor für den Fortbestand des hiesigen Mittelstands – schließlich liegt das Durchschnittsalter deutscher Betriebsinhaber bei 53 Jahren, jeder vierte ist bereits über 60 Jahre alt. Dies sind

Unternehmensverkauf: Deutsche KMU-Unternehmer sind am unzufriedensten
Meldung

nialowwa/123rf.com

09.09.2024

Erholung der deutschen Wirtschaft wohl erst ab 2025

Die Erholung der deutschen Wirtschaft verläuft weiterhin schleppend und wird durch eine stockende weltwirtschaftliche Entwicklung zusätzlich erschwert. Erst in den beiden nächsten Jahren dürfte es merklich aufwärts gehen, wie aus der aktuellen Prognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervorgeht. Mit einer Stagnation in diesem Jahr wird ein Rückfall in die Rezession zwar verhindert.

Erholung der deutschen Wirtschaft wohl erst ab 2025
Meldung

© bluedesign/fotolia.com

05.09.2024

Deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 erneut

Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte 2024 erneut schrumpfen, nachdem sie bereits im Vorjahr gesunken war. Dies geht aus der aktuellen Herbstprognose des IfW Kiel hervor. Positive Signale zur Jahresmitte haben sich nicht bekräftigt, weshalb das IfW Kiel seine Erwartungen für dieses und das kommende Jahr deutlich nach unten revidiert. 2024 dürfte das BIP um 0,1 % zurückgehen

Deutsche Wirtschaft schrumpft 2024 erneut

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank