18.12.2018

Deutsche Fintechs erhalten mehr Investitionen

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Corporate Finance

Der deutsche Fintech-Markt wird reifer: Die Investitionen in junge Technologieunternehmen aus der Finanzbranche betrugen in den ersten neun Monaten 477 Mio. € und werden nach EY-Schätzung zum Jahresende 636 Mio. € betragen – eine Steigerung um 12% gegenüber 2017. Allerdings wird die Zahl der Deals voraussichtlich nicht die 67 Deals aus dem Vorjahr übertreffen. Bisher wurden 49 Deals getätigt, so die Studie „Germany Fintech Landscape 2018“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY.

Die Zahl der Fintechs in Deutschland scheint sich zu stabilisieren: Im ersten Halbjahr 2018 wurden nur sechs Neugründungen gezählt nach 22 im Gesamtjahr zuvor. Unter Berücksichtigung von gescheiterten Geschäftsmodellen wuchs der Gesamtmarkt damit nur um zwei Unternehmen auf 303 Fintechs.

Gesamtmarkt wächst zum Halbjahr auf 303 Fintechs – nur noch sechs Neugründungen

Nach der hohen Zahl der Neugründungen der vergangenen Jahre ist der Studie zufolge jetzt ein Erwachsenwerden der Branche zu beobachten. Die Unternehmen konzentrieren sich jetzt auf die Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle und die Internationalisierung, wappnen sich gegen den immer stärker werdenden Wettbewerb und bauen sich eine größere Kundenbasis auf. Druck erhalten sie von zwei Seiten: Zum einem aus dem Inland von traditionellen Finanzinstituten, die lange abgewartet haben, aber inzwischen immer stärker selbst auf neue Technologien setzen. Aus dem Ausland drängen außerdem Wettbewerber auf den deutschen Markt, der wegen der schieren Größe und der Wirtschaftskraft attraktiv ist, stellen die Autoren der Studie fest.

Fintech-Hotspots Berlin, Frankfurt und München

Die deutschen Fintechs verteilen sich vor allem auf die Städte Berlin (81 Fintechs), Frankfurt/M./Rhein-Main-Region (74) und München (48). Etwa ein Drittel der Fintechs – also 100 – haben nach Schätzung der Studienautoren bereits den Sprung über die Grenze auf Auslandsmärkte gewagt. Andersherum sind den Schätzungen zufolge rund 84 Fintechs mit Sitz im Ausland auf dem deutschen Markt aktiv. Das Interesse deutscher Fintechs über die Landesgrenze hinaus zu expandieren, habe definitiv zugenommen, denn auf vielen Märkten sei die Konkurrenz noch nicht so hart wie in Deutschland. Gerade das deutschsprachige Ausland – also Österreich und die Schweiz – seien für viele Fintechs interessant, weil sie ihre Lösungen ohne Sprachbarrieren einer größeren Anzahl von Kunden anbieten könnten.

Größte Finanzierungsrunde für N26

Vor allem die bereits im Markt etablierten Fintechs konnten in Deutschland das Interesse von Investoren wecken: Die größten Finanzierungsrunden sicherten sich die Direktbank N26 mit 130 Mio. € sowie die Open-Banking Plattform Deposit Solutions mit 88 Mio. €. Fintechs mit reifen und schon vom Markt angenommenen Geschäftsmodellen werden der Studie zufolge von Investoren wohlwollend beobachtet und können mit erfolgreichen Finanzierungsrunden rechnen. Der erfolgreiche Börsengang des Mittelstandsfinanzierers creditshelf sei außerdem ein Signal an andere Fintechs gewesen, das günstige Kapitalmarktumfeld zu nutzen. Jüngere, noch nicht etablierte, Fintechs hätten es dagegen deutlich schwerer. Investoren würden hier lieber abwarten, ob sich das Geschäftsmodell bewährt. Dies stellt viele Fintechs vor Herausforderungen, insbesondere im B2C-Bereich, also im Geschäft mit Privatpersonen. Zwei Drittel der gescheiterten Fintechs in den vergangenen drei Jahren waren im B2C-Bereich unterwegs. Gerade im Privatkundengeschäft haben viele etablierte Institutionen weitverzweigte, funktionierende Strukturen aufgebaut. Sie investieren verstärkt selbst in Digitalisierung und verfügen in der Regel über mehr Mittel als neue Wettbewerber. Erschwert werden die Erfolgsaussichten dadurch, dass es sehr teuer ist, sich eine ausreichend große Kundenbasis aufzubauen. Zudem bedienen viele Geschäftsmodelle eher Nischen und lassen sich nicht einfach auf eine größere Masse oder auf ausländische Märkte ausweiten.

Fintechs und etablierte Institute auf dem Weg zum Ökosystem

Das Heil für manche Fintechs könnte somit in der Zusammenarbeit mit großen Instituten liegen. Diese zeigen sich zunehmend bereit zu Kooperationen, da sie oft selbst nicht die entsprechenden digitalen Lösungen besitzen. Unter Deutschlands Top-Ten-Banken gibt es inzwischen keine mehr, die nicht in irgendeiner Form mit einem Fintech kooperiert. Zwei – die Deutsche Bank und die ING-DiBa – haben sogar bereits je ein Fintech übernommen. Deutschland ist laut der Studie auf dem Weg zu einem Fintech-Ökosystem. Die zunehmende Vernetzung ist für den Markt als Ganzes positiv. Die Unterstützung durch etablierte Institute hilft Start-ups zu wachsen. Die Platzhirsche wiederum profitieren von Know-how, das sie selbst nicht haben. Über kurz oder lang werde diese Dynamik jedoch eine Konsolidierung nach sich ziehen. Für einzelne Start-ups, denen es nicht gelingt, Investoren oder Partner zu überzeugen, könnte der starke Wettbewerb dann das Aus bedeuten.

Die Studie „EY German Fintech Landscape“ 2018 findet sich hier zum Download.

(Pressemitteilung EY vom 17.12.2018)

 


Redaktion

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