Der deutsche M&A-Markt zeigte sich auch im zweiten Quartal 2017 in robuster Verfassung. Zwar ging die absolute Anzahl der Deals im Vergleich zum ersten Jahresviertel leicht zurück, dennoch zeugen 505 erfasste Einzeltransaktionen mit deutscher Beteiligung und ein Transaktionsvolumen von rund 36,7 Milliarden US-Dollar von einem höchst dynamischen M&A-Geschehen.
Das Transaktionsvolumen sank im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 115,9 Milliarden US-Dollar zwar deutlich, allerdings fielen einige besonders große Transaktionen wie der Bayer-Monsanto-Deal in den letztjährigen Betrachtungszeitraum – so die Ergebnisse der aktuellen M&A-Insights von Allen & Overy.
Nach einem recht überschaubaren Quartalsbeginn mit eher kleineren Deals nahm der Markt deutlich Fahrt auf, unter anderem mit dem Erwerb der Container-Reederei Hamburg-Süd durch den Branchenführer AP Moller-Maersk A/S und der Übernahme des Maschinenbauers Wirtgen Group durch Deere & Co für 5,2 Milliarden US-Dollar. Bewegung zeigte sich auch im Gesundheitssektor: Der hessische Reagenzienhersteller Euroimmun ging für 1,3 Milliarden US-Dollar an PerkinElmer, ein auf Chemie- und Medizintechnik spezialisiertes Unternehmen aus den USA.
Auch deutsche Käufer waren aktiv
Aber auch bei deutschen Käufern war im zweiten Quartal deutlicher Appetit auf Investitionen im Ausland zu spüren. Vor allem die USA standen bei deutschen Käufern hoch im Kurs. Auch Großbritannien erfreut sich ungeachtet des Brexits weiterhin besonderer Nachfrage. So griff beispielsweise Fresenius Kabi beim US-amerikanischen Generikahersteller Akorn Inc mit 4,8 Milliarden US-Dollar zu. Weitere 2 Milliarden US-Dollar ließ sich ein Konsortium unter Beteiligung der Allianz die Übernahme des britischen Ver- und Entsorgers Affinity Water kosten.
Regulierung wird zunehmend zum Dealbreaker
Auffallend ist, dass die Regulierung zunehmend zu einem Dealbreaker bei M&A-Transaktionen wird. „Obwohl die meisten Unternehmenskäufe bei dem aktuell hohen Preisniveau immer noch an divergierenden Preisvorstellungen scheitern, gewinnen vor allem regulatorische Widerstände zunehmend an Gewicht. Wichtige Zielländer von Akquisitionen haben inzwischen Fusionskontrollregeln eingeführt, um den Wettbewerb in ihrer eigenen Volkswirtschaft zu schützen“, so Corporate/M&A-Partner Dr. Hartmut Krause.
Hinzu kommen Widerstände durch eine restriktivere Industriepolitik und die verschärfte Anwendung bestehender Rahmenbedingungen wie des Außenwirtschaftsgesetzes in Deutschland oder der lange Arm des US-amerikanischen Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS). „Die Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA reicht aus, um einen Deal begraben zu müssen, auch wenn keine US-amerikanische Partei als Käufer oder Verkäufer in Erscheinung tritt. Entsprechend rüsten sich die M&A-Verantwortlichen bereits während der Due Diligence und in der Vorbereitungsphase. Top-Manager wollen sich in diesem politisch höchst unsicheren Umfeld keine handwerklichen Fehler bei ihren M&A-Aktivitäten leisten“, erklärt Krause.
Auch das geschärfte Augenmerk der Kartellbehörden in den etablierten Volkswirtschaften wird zunehmend zum Dealbreaker. Aufgrund des „Fix it first“-Ansatzes vieler Behörden müssen Transaktionen kartellrechtlich sehr sorgfältig vorbereitet werden.
Hartmut Krause ist dennoch optimistisch: „Trotz der zunehmenden Widerstände rechnen wir für die zweite Jahreshälfte mit einem weiterhin lebhaften M&A-Markt – zumal die Schlüsseltreiber für Fusionen und Übernahmen unverändert nach oben zeigen. Die deutschen Unternehmen sitzen auf prallen Kassen, der Anlagedruck für Finanzinvestoren lässt nicht nach, die Finanzierungsbedingungen bleiben bis auf weiteres historisch günstig. Obwohl das Kaufpreisniveau dauerhaft hoch bleibt und die Kartellbehörden Fusionen und Übernahmen weltweit kritischer prüfen, scheinen der Risikoappetit der Investoren und die Dynamik am M&A-Markt ungebremst.“
(Pressemitteilung Allen & Overy vom 07.08.2017)