Energiekosten bedrohen Wettbewerbsfähigkeit Europas
Insgesamt setzt der europäischen Industrie vor allem die Abhängigkeit von russischem Gas zu, die durch die geopolitische Krise in Folge des Kriegs in der Ukraine zu einem überdurchschnittlich starken Anstieg der Energiepreise im globalen Vergleich beigetragen hat. Am Weltmarkt verliert Europa so als Produktionsstandort an Attraktivität. Allerdings betreffen die gestiegenen Energiepreise die EU-Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer individuellen Energiepolitiken unterschiedlich stark: Während die Produktionskosten in Frankreich und südlichen Ländern wie Spanien vergleichsweise moderat steigen, geraten Länder wie Polen unter extremen Druck. Grund dafür ist der höhere Anteil von Atomstrom und erneuerbarer Energien im Energiemix von Ländern wie Frankreich oder Spanien im Vergleich zur starken Abhängigkeit von russischem Öl und Gas in Ländern wie etwa Polen. Langfristig können solche Unterschiede laut Analyse zu Strukturverschiebungen innerhalb der europäischen Industrielandschaft führen.
Investments in Dekarbonisierung und erneuerbare Energien notwendig
Laut der Studienautoren könnten sich zukünftig viele Unternehmen dazu entscheiden, ihre Produktion innerhalb Europas neu aufzustellen oder gänzlich aus Europa abzuziehen. Unternehmen sollten nun analysieren, welche Auswirkungen Energiepreissprünge auf das eigene Geschäftsmodell und auf die Profitabilität haben. Gleichzeitig bestehe für Unternehmen derzeit die Chance, mit der Erhöhung der Energieeffizienz und dem Ausbau erneuerbarer Energien neben der Energiekrise auch den Klimawandel zu adressieren und die Dekarbonisierung voranzutreiben.
Deutsche Industrie trotz Gaspreisen – zumindest zum Teil
In Deutschland ist der durchschnittliche Gaspreis zwischen Januar bis August dieses Jahres aufgrund der überproportionalen Abhängigkeit von russischen Importen und der daraus resultierenden Problemen nach Beginn des Kriegs in der Ukraine um mehr als 450% gegenüber dem Durchschnittspreis zwischen 2016 und 2018 gestiegen. Dennoch liegen die Produktionskosten des Landes aufgrund des vergleichsweise diversifizierten Energiemixes aus erneuerbaren Energien, Kohlekraftwerken sowie Kernenergie nach wie vor unterhalb des EU-Durchschnitts. Die gestiegenen variablen Kosten drücken aber in fast allen deutschen Industriezweigen erheblich auf die Margen. So führte der Anstieg der variablen Produktionskosten um 33% in der Metallindustrie zu einem Rückgang der Marge von rund 4% auf < 0%. In der Automobilindustrie stürzt der Gewinn infolge einer Preissteigerung von 15% bei den variablen Produktionskosten von 7,5% auf knapp 2,5% ab.
Mit stabil sinkenden Energiepreisen ist ab 2024 zu rechnen
Laut der Analyse ist zu erwarten, dass die Situation für die energieintensiven Industrien auch im kommenden Jahr angespannt bleiben wird. Erst 2024 sei mit einer Entspannung am Energiemarkt zu rechnen. Um wichtige Industrien im Land zu halten, müsse die Politik jetzt die richtigen Anreize setzen, um die Inflation zu drücken und die Energietransformation zu beschleunigen. Die Unternehmen seien ebenfalls gut beraten, wenn sie neben den ad-hoc-Notfallmaßnahmen die anstehende Energietransformation durch Investitionen in erneuerbare Energien aktiv treiben, um die Widerstandsfähigkeit für zukünftige Krisen auszubauen, so der Rat der Studienautoren.
Die vollständigen Ergebnisse der Analyse „Business Impact Energy Prices” erhalten Sie hier auf Anfrage.
(Pressemitteilung Strategy& vom 28.11.2022)