• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Fast die Hälfte der Unternehmen musste im ersten Halbjahr Prognose anpassen – meist nach oben

03.08.2022

Fast die Hälfte der Unternehmen musste im ersten Halbjahr Prognose anpassen – meist nach oben

Autokonzerne auf der Überholspur

© fotogestoeber/fotolia.com

Immer mehr deutsche Unternehmen korrigieren ihre Prognosen nach unten. Die Zahl der Gewinn- oder Umsatzwarnungen von Unternehmen aus dem DAX, dem MDAX und dem SDAX stieg im ersten Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von acht auf 26. Davon entfielen sieben Warnungen auf DAX-Unternehmen, sechs auf MDAX-Unternehmen und 13 auf Unternehmen, die im SDAX gelistet sind. Im ersten Quartal wurden acht Warnungen registriert, im zweiten Quartal stieg die Zahl auf 18. Insgesamt liegt die Zahl der Warnungen damit aber weiterhin deutlich unter dem bisherigen Rekordwert von 95, der im ersten Halbjahr 2020 erreicht wurde, als der Ausbruch der Corona-Pandemie dazu führte, dass Unternehmen reihenweise ihre Prognosen einkassieren mussten. Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die veröffentlichungspflichtige Korrekturen an Gewinn- und Umsatzprognosen in den Jahren 2011 bis Mitte 2022 untersucht. Für die Analyse wurden alle 160 Unternehmen aus dem DAX, SDAX und MDAX betrachtet.

Zahl der Gewinn- und Umsatzwarnungen steigen gegenüber Vorjahreszeitraum von acht auf 26 – zweithöchster Stand seit zwölf Jahren

Trotz geopolitischer Unsicherheiten standen den 26 negativen Korrekturen im ersten Halbjahr fast dreimal so viele Aufwärtskorrekturen gegenüber: Insgesamt 74mal haben die Unternehmen verkündet, ihre bisherigen Umsatz- oder Gewinnziele voraussichtlich zu übertreffen – man spricht in einem solchen Fall von einer Umsatz- oder Gewinnerwartung. Im Vorjahreszeitraum hatte deren Zahl mit 83 sogar noch höher gelegen. Sowohl in Bezug auf negative wie positive Korrekturen war die erste Jahreshälfte 2022 das zweitaktivste erste Halbjahr seit Beginn der EY-Analyse im Jahr 2011.

Die aktuelle Situation ist gekennzeichnet von einer enormen Unsicherheit, während gleichzeitig die Geschäfte vielfach noch gut bis sehr gut laufen, stellen die Studienautoren fest. Aber niemand könne vorhersagen, wie sich die politische und wirtschaftliche Lage in den kommenden Monaten entwickeln werde. Die Spannbreite der Szenarien sei enorm: Sie reichen von einer mäßigen Konjunkturentwicklung bis hin zu massiven Engpässen bei der Versorgung mit Erdgas in wichtigen europäischen Märkten – mit potenziell katastrophalen Folgen für die industrielle Produktion und massiven Einschränkungen für Privathaushalte. Inflation und steigende Zinsen tragen zu einer weiteren Verschärfung der Situation bei.

Eintrittswahrscheinlichkeit aktueller Risiken lässt sich kaum seriös berechnen

Laut der Studie stehen Unternehmen vor der Herausforderung, sich möglichst auf alle denkbaren Szenarien vorzubereiten. Die Eintrittswahrscheinlichkeit der aktuellen Risiken lassen sich kaum seriös berechnen. Entsprechend schwierig sei es für die Unternehmen, belastbare Prognosen abzugeben. Geopolitische Krisen, die anhaltende Pandemie und häufige Lieferengpässe seien erhebliche Herausforderungen für Unternehmen, die vor der Aufgabe stehen, Investoren und Analysten eine bestmögliche Prognose und Guidance für das laufende Geschäftsjahr zu geben.

Geschäftslage ist gut – aber Vorbereitungen auf Abschwung laufen

Bislang ist die Geschäftsentwicklung bei der Mehrzahl der Unternehmen zufriedenstellend – auch weil es ihnen gelang, höhere Preise durchzusetzen, beobachten die Studienautoren. Derzeit gebe es eine Sondersituation: Ein hoher Auftragsbestand, hohe Preise und anhaltende Lieferschwierigkeiten bei einer bis zuletzt starken Nachfrage. Diese Faktoren haben sich der Studie zufolge in Summe positiv auf die Gewinnentwicklung vieler Unternehmen ausgewirkt – was zu einer entsprechend großen Zahl an positiven Prognosekorrekturen geführt hat.

Im ersten Quartal lag die Zahl der Gewinn- oder Umsatzerwartungen bei 48 und damit sogar über dem Vorjahreswert von 44 Meldungen. Das ist der höchste Stand, der bislang in der EY-Analyse in einem ersten Quartal registriert wurde. Im zweiten Quartal sank die Zahl der Aufwärtskorrekturen auf 26 (Vorjahreszeitraum: 43). Die Zahl der positiven Überraschungen nimmt der Analyse zufolge ab und lag im zweiten Quartal etwa auf dem Vor-Pandemie-Niveau. Gleichzeitig gibt einen Anstieg bei den Gewinn- und Umsatzwarnungen. Damit mehren sich die Zeichen, dass sich die Konjunkturabkühlung auch in den Bilanzen der deutschen Unternehmen widerspiegeln wird.

Unternehmen bereiten sich auf Worst-Case-Szenarien vor

Die Rezessionssorgen und die Unsicherheiten bei der Versorgung mit Erdgas treiben die Unternehmen um. Die Studienautoren beobachten bei den Unternehmen intensive Aktivitäten, um sich auch auf Worst-Case-Szenarien vorzubereiten. Nachdem in den vergangenen Jahren Lieferketten-Themen höchste Priorität hatten, geht es nun zunehmend auch darum, die Produktion auf den Fall eines Gasmangels vorzubereiten und zudem die eigenen Zulieferer und Abnehmer auf entsprechende Schwachstellen hin zu durchleuchten.

Prognosen auf Jahressicht so schwierig wie nie

Insgesamt 64 (das entspricht 46%) der 160 analysierten Unternehmen korrigierten schon im ersten Halbjahr dieses Jahres ihre eigene Prognose – trotz geopolitischer Krisen mit überwiegender Mehrheit nach oben. Besonders viele Warnungen gab es von Konsumgüterherstellern: 43% mussten vor einer voraussichtlichen Nicht-Erreichung ihrer Ziele warnen. Genau so viele Konsumgüterhersteller haben aber auch ein Übertreffen ihrer Ziele angekündigt – mehr Positiv-Korrekturen gab es nur von Software-Unternehmen, von denen 60% eine Umsatz- oder Gewinnerwartung veröffentlichten.

Die Unternehmen stünden derzeit vor der Herausforderung, über gute Investor Relations auch in turbulenten Zeiten verlässlich und transparent zu kommunizieren, stellen die Studienautoren fest. Das Erwartungsmanagement gegenüber Analysten und Investoren sei derzeit schwieriger denn je – aber auch eine Chance, Vertrauen auszubauen durch eine glaubwürdige und transparente Finanzkommunikation, etwa in Bezug auf die Ertrags- und Liquiditätslage und die Auswirkungen auf das Bilanzbild.

Warnungen lassen Aktienkurse im Durchschnitt um 6,5% einbrechen

Im ersten Halbjahr haben Anleger der Studie zufolge vor allem auf negative Unternehmensnachrichten reagiert: Am Tag der Gewinn- oder Umsatzwarnung sank der Aktienkurs des jeweiligen Unternehmens um durchschnittlich 6,5%. Bei einer Gewinn- oder Umsatzerwartung hingegen, also bei einer Aufwärtskorrektur, stieg der Aktienkurs am Tag der Meldung nur um 1,9%. Die Märkte haben im ersten Halbjahr besonders stark auf negative Nachrichten reagiert, während positive Überraschungen kaum zur Kenntnis genommen wurden – ein weiteres Indiz für die Nervosität auf den Märkten, so das Fazit der Studienautoren.

Die aktuelle Studie können Sie hier kostenlos bestellen.

(Pressemitteilung EY vom 03.08.2022)


Weitere Meldungen


China
Meldung

© vege/fotolia.com

11.04.2024

Weniger deutsche Unternehmen von China abhängig

Weniger Unternehmen in Deutschland geben an, abhängig von Vorprodukten aus China zu sein. Dies geht aus einer Umfrage des ifo Instituts hervor. Demnach sind derzeit 37 % aller Industrieunternehmen in Deutschland auf wichtige Vorprodukte aus China angewiesen. Im Februar 2022, unmittelbar vor Beginn des Krieges in der Ukraine, waren es noch 46 %. „Gleichzeitig sehen wir, dass

Weniger deutsche Unternehmen von China abhängig
sustainability, Nachhaltigkeit, ESG
Meldung

©peterschreibermedia/123rf.com

10.04.2024

Geschäftsmodell Klimaschutz

In Deutschland hat sich Klimaschutz längst als relevanter Wirtschafts­faktor etabliert. Dies spiegeln auch aktuelle Befragungs­ergebnisse aus dem KfW-Klimabarometer wider, wonach bereits heute 30 % der Unternehmen in Deutschland – dies sind rund 1,1 Mio. Unternehmen – Waren oder Dienstleistungen anbieten, die zum Klimaschutz beitragen. Dabei haben 12 % oder rund 450.000 Unternehmen ihr Angebot sogar vorrangig

Geschäftsmodell Klimaschutz
Europa
Meldung

©DenysRudyi/fotolia.com

10.04.2024

Standort Deutschland nur Mittelfeld

Deutschland liegt bei der gegenwärtigen Standortattraktivität für Firmen aus dem eigenen Land nur im Mittelfeld Europas. Dies zeigt eine Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik unter Wirtschaftsexpertinnen und -experten in verschiedenen Ländern. In Deutschland bewerten die einheimischen Befragten die Standortattraktivität mit 61,3 von 100 möglichen Punkten. Österreich erzielte 72,4 Punkte; die

Standort Deutschland nur Mittelfeld
CORPORATE FINANCE - Die Erfolgsformel für Finanzprofis

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank