06.10.2017

Fintechs umgarnen Firmenkunden der Banken

Beitrag mit Bild

Corporate Finance

Online-Kreditanbieter dringen in eine der letzten Domänen der Banken vor: das Geschäft mit Firmenkunden. Mehr als jeder vierte Bankentscheider (28%) sieht in den so genannten Lending- und Kreditplattformen eine ernsthafte Bedrohung für das Geschäft des eigenen Instituts, so der Branchenkompass Banking 2017 von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut. Die Banken reagieren darauf, indem sie verstärkt in eigene digitale Plattformen mit mehr Service für Unternehmen investieren.

Der Online-Kreditmarkt wächst, und es gibt inzwischen eine Vielzahl an Pattformen – vor allem im Privatkundensegment. Sie sind teilweise spendenfinanziert, teilweise gegenleistungsfinanziert, es werden aber auch Kreditanfragen an Partnerbanken vermittelt. Viele Anbieter basieren auf Schwarmfinanzierung, zu den Bekanntesten zählen Auxmoney, Smava und Lendico. Aus dem Firmenkundengeschäft haben sich die Betreiber der Plattformen lange herausgehalten. Laut der Studienautoren vertrauen Unternehmen aus Gewohnheit eher den klassischen Banken. Bei den Instituten wissen sie durch eine langjährige Geschäftsbeziehung, dass Zahlungen wie vereinbart erfolgen. Umgekehrt vertrauen Geldgeber bei einer Bank eher darauf, dass die Rückzahlungen und Zinsen pünktlich auf dem Konto eingehen.

Wechselbereitschaft steigt

Der Vertrauensvorschuss schmilzt nun sukzessive: Unternehmen lernen verstärkt auch digitale Vorzüge bei der Abwicklung von Finanzierungen zu schätzen. Mehrere Lending-Plattformen greifen diese Wünsche auf und dringen in das sogenannte B2B-Geschäft und damit in eine Domäne der Banken ein. Beispielsweise plant Firstwire, großvolumige Kredite für Kommunen und Unternehmen überregional zu vermitteln. Der Vorteil der Kreditnehmer liegt nach Angaben des Fintechs darin, dass sie auf der Plattform mit den Investoren in direkte Verhandlungen treten können und somit Informationen transparent werden, die sonst nur den vermittelnden Banken vorliegen. Kreditgeber sollen profitieren, weil sie Kreditrisiken über Branchen und Regionen besser streuen könnten. Klumpenrisiken durch eine Anlage über eine Regionalbank oder -sparkasse würden reduziert.

Ein weiteres B2B-Finanzvermittlungsportal ist Compeon. Der Anbieter ist in der Mittelstandsfinanzierung engagiert und drängt sich als digitaler Vermittler zwischen Firmenkunden und Institute. Unternehmen mit Finanzierungsbedarf können diesen auf dem Portal ausschreiben, und die angeschlossenen Banken geben bei Interesse ein Angebot ab. Dabei wagt sich die Plattform auch an komplexere Produkte: Neben Krediten, Darlehen und Leasing werden Factoring und alternative Finanzierungen wie Mezzaninekapital, Einkaufs- und Projektfinanzierungen und Private Debt vermittelt.

So reagieren die etablierten Institute

Die auf Unternehmen spezialisierten Banken und Sparkassen merken, dass ihr Geschäft nicht mehr geschützt ist. 55% stufen die Angebote der Fintechs als ein Risiko ein. Im Durchschnitt aller befragten Entscheider nehmen 42% die Fintech-Konkurrenz als kritisch wahr. Retailbanken mit vielen Privatkunden sind laut der Studienautoren inzwischen entspannter im Umgang mit Fintechs, weil sie mittlerweile auch mit Start-ups zusammenarbeiten.

Die Banken und Sparkassen, bislang erster Ansprechpartner für Firmenkunden, müssen sich erst auf den härteren Wettbewerb einstellen. Rund die Hälfte der Institutsentscheider verfolgt die Strategie, sich in den nächsten drei Jahren auf den weiteren Ausbau der eigenen digitalen Plattformen zu konzentrieren. 18% verfolgen die Sowohl-als-auch-Strategie, indem sie als Produktgeber parallel zum eigenen Portal Geschäft in die Plattformen integrieren. Das Firmenkundengeschäft der etablierten Institute sollte deutlich digitaler werden, fordern die Autoren der Studie. Zudem sollten Banken ihre starke Trennung in Gebiete lockern und Angebote stärker überregional ausrichten.

(Pressemitteilung Sopra Steria Consulting vom 05.10.2017)


Redaktion

Weitere Meldungen


Meldung

dmitrydemidovich/123rf.com

14.05.2025

Industrieunternehmen wollen an Dekarbonisierung festhalten

Der Gegenwind nimmt zu: Die Konjunktur schwächelt, der internationale Wettbewerb intensiviert sich und die neue US-Regierung hält wenig von Nachhaltigkeit. Dennoch halten die meisten deutschen Industrieunternehmen an ihren Vorhaben fest, den Energieverbrauch zu reduzieren und Maßnahmen zur Dekarbonisierung voranzutreiben – nur 17 % der Unternehmen haben Projekte zurückgestellt. Schon in den vergangenen Jahren haben deutsche Unternehmen

Industrieunternehmen wollen an Dekarbonisierung festhalten
Meldung

© bluedesign/fotolia.com

13.05.2025

IW-Konjunkturprognose 2025: Deutschland bleibt in der Rezession

Die deutsche Wirtschaft schrumpft in diesem Jahr um 0,2 %, sagt die neue Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) voraus. Weltweite Unsicherheit setzt die Unternehmen unter Druck. Die Arbeitslosenzahlen steigen: Bis zum Sommer dürfte es rund drei Millionen Arbeitslose geben. Sorgen aus dem eigenen Land Alle großen Volkswirtschaften der Welt wachsen – nur die deutsche

IW-Konjunkturprognose 2025: Deutschland bleibt in der Rezession
Meldung

©alphaspirit/fotolia.com

12.05.2025

Brain Drain aus den USA

Die Politik der neuen US-Regierung könnte die Gewichte im transatlantischen Arbeitsmarkt spürbar verschieben: 54 % der deutschen Unternehmen sehen die USA seit Trump als weniger attraktiv für Spitzenkräfte aus Wirtschaft und Wissenschaft an – ein möglicher Vorteil für europäische Standorte. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung unter 602 Unternehmen aller Branchen ab 20 Beschäftigten in

Brain Drain aus den USA

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank