Banken in Deutschland liefern bislang noch keine überzeugenden Antworten auf die sich drastisch verändernden Rahmenbedingungen im Privatkundengeschäft. Sie schließen zwar Filialen und sparen Personal ein, beschäftigen sich aber noch zu wenig damit, wie sie langfristig die Zukunft angehen können. Dabei bieten neue Technologien Milliardenpotenzial für die deutschen Retail-Banken. Dies zeigt eine Analyse von The Boston Consulting Group zum deutschen Retail-Banking-Markt.
„Es reicht nicht, nur Kosten zu senken und in einen Rückbau-Wettbewerb mit der Konkurrenz zu verfallen“, mahnt Dr. Holger Sachse, Partner und BCG-Experte für Retail-Banking und Financial Services. „Die aktive Gestaltung der Zukunft erfordert eine andere Herangehensweise, schnelles Handeln und Innovationen. Neue Technologien sind der Schlüssel dazu.“ Rund 10 Mrd. € könnten die deutschen Retail-Banken durch aktive Preisgestaltung, neue Partnerschaftsmodelle, intelligentere Datennutzung und flexiblere Strukturen erwirtschaften.
Proaktiver Umgang mit Digitalisierung
Die BCG-Analyse identifiziert drei Felder für zusätzlichen Ertrag bei Banken:
Preise: Konsequentere Preise für Bankleistungen, beispielsweise über angepasste Gebühren für Girokonten und Vorsorgeleistung, helfen dabei, Anreize im Kundenverhalten zu setzen, und versprechen Einnahmen zwischen 3,5 Mrd. € und 5,0 Mrd. €.
Partnerschaften: Durch neue Kooperationsmodelle mit Fintechs, Retail-Plattformen, Versicherungen und insbesondere Payments-Anbietern können Banken Angebote ausweiten. Das Ertragspotenzial liegt hier bei bis zu 3,5 Mrd. €.
Daten: Daten sind mehr als die Auswertung der Transaktionshistorie. Rechenleistungen wurden massiv gesteigert. Die Verschneidung von vorhandenen mit weiteren externen Daten zum jeweiligen Kontext ist jederzeit möglich, und neue Algorithmen können aus anderen digitalen Interaktionen auf Banken angewendet werden – all dies führt zu einem geschätzten Ertragspotenzial von rund 2,0 Mrd. € bis 3,5 Mrd. €.
Veränderung, Verschlankung und Kosteneinsparung im Filialgeschäft
Banken arbeiten bereits an flexibleren Strukturen durch Veränderung, Verschlankung und Kosteneinsparung im Filialgeschäft. Durch noch schlankere Strukturen mithilfe kleinerer organisatorischer Einheiten können Entscheidungen und innovative Ideen schneller umgesetzt und die genannten Ertragsvorteile schneller realisiert werden.
„Wenn die deutschen Banken nicht den Anschluss verlieren wollen, müssen sie jetzt wesentlich innovativer und agiler werden“, sagt Rüdiger Filbry, BCG Senior Partner und Leiter der Praxisgruppe Financial Institutions. „Rückbau-Wettbewerb ist keine zukunftsträchtige Strategie.“
Weitere Informationen zum Thema finden Sie hier.
(Pressemitteilung Boston Consulting Group vom 09.06.2016)