Der M&A-Markt schließt das Jahr ab, wie es begonnen hat: mit der Hoffnung, dass sich der Stillstand zwischen Käufern und Verkäufern auflöst. Viele Dealmaker haben 2024 ihre Strategien behutsam neu ausgerichtet, um sich an die neuen Realitäten höherer Zinssätze und einer verschärften Regulatorik anzupassen. Das hat die Studie „Look Back at M&A in 2024: Dealmakers Adapt as the Market Idles” der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company ergeben. Das weltweite M&A-Transaktionsvolumen wird sich demnach bis Ende 2024 voraussichtlich auf rund 3,5 Billionen US-Dollar belaufen, was einen Anstieg von 15 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet und dem Niveau Mitte der 2010er Jahre entspricht. Die Anzahl der M&A-Transaktionen ist im Jahresvergleich um 7 % gestiegen, nachdem sie zwei Jahre lang rückläufig gewesen war.
Die Entwicklung unterscheidet sich je nach Käufergruppe. Mit dem leichten Rückgang der Zinssätze haben Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds wieder an Boden gewonnen, deren Dealvolumina haben im Jahresvergleich um 29 beziehungsweise 30 % zugenommen. Das Corporate-M&A-Segment, das weniger stark von leichten Schwankungen der Fremdkapitalkosten beeinflusst wird, dürfte 2024 mit einem Plus von 12 % gegenüber dem Vorjahr abschließen. Dabei verzeichnete der Markt ein stetiges Wachstum über alle Regionen hinweg. Strategische Übernahmen in den Bereichen Energie und Rohstoffe, Fertigungsindustrie und Finanzdienstleistungen sowie eine deutliche Zunahme im Einzelhandel und in der Telekommunikation trugen dazu bei.
Deutscher Markt bleibt hinter Erwartungen zurück
„Trotz starker Bilanzen und eines strategischen Bedarfs an Fusionen und Übernahmen im laufenden Jahr ist der positive Schub, den sich die M&A-Verantwortlichen weltweit für eine vollständige Erholung des Marktes erhofft hatten, ausgeblieben“, erklärt Kai Grass, Bain-Partner und M&A-Experte. „Am erfolgreichsten waren vor allem Marktteilnehmer, die sich schnell auf die neuen Marktbedingungen eingestellt haben, indem sie sich unter anderem auf Umsatz- als auch Kostensynergien fokussierten. Zudem haben sie ihre Prozesse durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz optimiert.“
Insgesamt belief sich das strategische M&A-Transaktionsvolumen mit einem deutschen Zielunternehmen bis Ende Oktober 2024 auf 54 Milliarden US-Dollar. Das entspricht einem Anstieg von 8 % gegenüber dem Vorjahr. Treiber dieser Entwicklung waren nicht zuletzt die Übernahme des Werkstoffherstellers Covestro durch die Abu Dhabi National Oil Company mit einem Volumen von rund 17 Milliarden US-Dollar sowie der Erwerb des Logistikunternehmens Schenker durch DSV A/S mit einem Volumen von rund 16 Milliarden US-Dollar. Die Anzahl der Deals hingegen blieb im Jahresvergleich stabil.
Historisch niedrige Bewertungen und regulatorische Auflagen bremsen
Die nur schleppende Erholung des weltweiten Marktes für Fusionen und Übernahmen 2024 geht maßgeblich zurück auf die Diskrepanz bei den Bewertungen zwischen Käufern und Verkäufern, die bereits die Vorjahre charakterisierte. Das hat eine Befragung von weltweit mehr als 300 M&A-Verantwortlichen im Rahmen der Bain-Studie zutage gebracht. Historisch niedrige strategische M&A-Bewertungen und wiederum hohe Bewertungen für börsennotierte Unternehmen haben wesentlich zu den unterschiedlichen Sichtweisen beigetragen. Hinzu kommt, dass Private-Equity- und Venture-Capital-Investoren lieber abwarteten, als Abschläge beim Exit hinzunehmen. Auch börsennotierte oder inhabergeführte strategische Investoren blieben bei Verkäufen zurückhaltend.
Wie in den vergangenen Jahren beeinflussten zudem regulatorische Auflagen potenzielle Deals. In der Folge kam es zu niedrigeren Abschlussraten und längeren Abschlusszeiten. 47 % der befragten Dealmaker berichteten von diesen Herausforderungen. Als Reaktion darauf überarbeiten viele ihre Deal-Strategien und investierten mehr Zeit in die anfängliche Prüfung. Einige legten darüber hinaus Deals in der Hoffnung auf eine marktfreundlichere Gesetzgebung, beispielsweise nach Wahlen, auf Eis.
Anpassung der Strategien an die neuen Realitäten
Infolge der anhaltend hohen Zinsen kam es zu einer Trendumkehr auf dem Markt. Anstelle von Scope-Deals, bei denen Käufer ihr Portfolio erweitern, zusätzliche Kompetenzen erwerben oder in neue Geschäftsfelder einsteigen, wurden zuletzt verstärkt Scale-Deals geschlossen, die primär auf Skalen- und Kostenvorteile abzielten. Letztere hatten 2024 mit 59 % den höchsten Anteil am M&A-Transaktionsvolumen seit 2015. „Der Grund dafür war vor allem die Vorsicht strategischer Käufer“, betont Branchenkenner Grass. „Sie waren selektiver, setzten auf konkretere Pläne zur Wertschaffung, waren weniger bereit für langfristiges Wachstum zu zahlen und passten sich damit am nachdrücklichsten an die neue M&A-Realitäten an.“
(Bain Company vom 17.12.2024 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)