Der Boom hält an: Auch im zweiten Quartal 2018 zeigte sich der deutsche Markt für Unternehmenskäufe und Unternehmensübernahmen in ausgezeichneter Verfassung. Mit insgesamt 457 Transaktionen und einem Transaktionsvolumen von USD 87,2 Mrd. werden die Werte des Vorjahreszeitraums deutlich übertroffen. Viele Unternehmen beschleunigen ihr Wachstum durch Übernahmen und treiben damit die M&A-Aktivität. Diese ist weiterhin von günstigen Finanzierungsbedingungen, hohen Bewertungen und Kaufpreisen geprägt.
Wie die Ergebnisse der aktuellen M&A Insights von Allen & Overy belegen, haben aktivistische Investoren mit dem von ihnen forcierten Abverkauf nichtprofitabler Unternehmenssparten erheblichen Einfluss auf das Geschehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die anhaltende Unbeliebtheit von Mischkonzernen bei Investoren, die für deutliche Bewertungsabschläge am Kapitalmarkt sorgt, was das Management wiederum dazu anhält, sich von Unternehmensteilen zu trennen.
Wie schon in den Vorjahren, sind die Bereiche Telekommunikation, Pharma und Healthcare für M&A-Aktivitäten attraktiv. Doch auch in den Sektoren Bau- und Infrastruktur sowie in der Schwerindustrie und in der Energieerzeugung stellen sich Unternehmen neu auf.
Private-Equity-Deals bleiben herausfordernd
Obwohl die derzeitigen handelspolitischen Verwerfungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union die Deals von Finanzinvestoren beeinträchtigen könnten, zeigt sich das Stimmungsbild am deutschen Private-Equity-Markt robust. „Allerdings ist es nach wie vor schwierig, geeignete Zielunternehmen für Finanzinvestoren zu finden. Und die Kaufpreise sind unverändert hoch“, erklärt M&A-Partner Dr. Hartmut Krause.
Der Trend zu Secondaries – bei denen Firmen und Beteiligungen von einem Private Equity-Investor zum nächsten weitergegeben werden – hielt an, so dass nur rund zehn Prozent aller Transaktionen erstmalige Verkäufe an Private-Equity-Investoren sind. Dennoch ist hier von einer weiteren Belebung auszugehen, denn ca. eine Billion US-Dollar sind derzeit nicht investiert und erzeugen im Zusammenspiel mit der anhaltenden Niedrigzinsphase einen enormen Investitionsdruck innerhalb der Beteiligungsbranche.
Zurückhaltung bei chinesischen Investoren hält an
Die rückläufige Zahl der Unternehmenszukäufe durch chinesische Investoren setzte sich auch im zweiten Quartal fort. Ein ähnlicher Paukenschlag wie der Einstieg von Geely bei Daimler war nicht zu verzeichnen. Hier wirken sich verschiedene Einflussfaktoren aus: die chinesischen Vorschriften für Auslandsinvestitionen, die restriktiveren deutschen Vorschriften für Investitionen von EU-Ausländern und die damit einhergehende Änderung der Einstellung im Bundeswirtschaftsministerium. „Dass der Staat bei M&A-Transaktionen mitreden will, ist für Chinesen nichts Ungewöhnliches – das kennen sie von ihrem Heimatmarkt, und sie können damit umgehen“, erläutert Hartmut Krause die Hintergründe.
Nach einer Phase der Gewöhnung an verschärfte regulatorische Rahmenbedingungen in China wie auch in Deutschland mehren sich allerdings die Anzeichen für eine Belebung chinesischer Aktivitäten, so dass hier im zweiten Halbjahr mit einer Steigerung gerechnet werden darf. „Die ambitionierten Ziele der chinesischen Regierung, bis 2025 die Technologieführerschaft in verschiedenen Bereichen zu erlangen, sind unverändert und somit als Motivation weiterhin wirksam. Da China hier nicht über die entsprechenden eigenen Ressourcen verfügt, muss die Technologie eingekauft werden“, so Krause. Insofern ist davon auszugehen, dass die Bundesrepublik auch künftig Ziel von chinesischen Akquisitionen sein wird.
Ausblick
Für den weiteren Verlauf des M&A-Jahres zeigt sich Hartmut Krause optimistisch. „Auch für das zweite Halbjahr ist mit einem regen Transaktionsgeschäft zu rechnen. Die Aktivitäten sind weiterhin lebhaft. Hinzu kommt, dass die Kartellbehörden derzeit seltener als zuletzt ihr Veto einlegen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass das Umfeld für M&A-Transaktionen im Wesentlichen unverändert bleiben dürfte“, blickt der M&A-Experte voraus. Zumal der Markt auch mit einer Zinswende umgehen könnte. Fakt ist: Das M&A-Geschehen in Deutschland lässt sich bisher weder von Trumps „America first“-Politik noch vom näher rückenden Brexit irritieren – und der Appetit der Investoren bleibt groß.
(Pressemitteilung Allen & Overy vom 16.07.2018)