12.12.2023

Rückblick: Der Deutsche M&A-Markt 2023

Das M&A Jahr 2023 war ein Jahr der strategischen Transaktionen. Von 2024 ist zunächst eine Fortsetzung dieser Entwicklungen zu erwarten – more of the same.

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©aksanakoval / 123rf

Das hohe Zinsniveau führte bei Finanzinvestoren zur Zurückhaltung. Auch deshalb war 2023 ein Jahr der strategischen Transaktionen; allen voran der 12 Mrd. Euro-Verkauf des Klimageschäfts von Viessmann an Carrier. Auf der Suche nach Deals übernehmen PE-Häuser mittlerweile Unternehmen, die sie bereits einmal übernommen und danach an die Börse gebracht haben. Bei den PE-Exits spielten Family Offices als Käufer zunehmend eine Rolle. Aktivisten können Erfolge verbuchen und zeigen wie bei Brenntag Durchhaltevermögen. Dabei werden sie zunehmend durch institutionelle Investoren und jetzt auch durch Stimmrechtsberater unterstützt. Der Staat wird selbst zum Marktteilnehmer und verschärft die Investmentkontrolle erneut. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem M&A-Markt 2023:

Das Jahr der Strategen

Der deutsche M&A-Markt wird 2023 von strategischen Transaktionen bestimmt. In einer viel beachteten Transaktion veräußert Viessmann für rund EUR 12 Mrd. sein Klimageschäft an den US-Konkurrenten Carrier. Teil des Kaufpreises ist eine 20%-Beteiligung an Carrier, durch die Viessmann auch weiterhin an den Entwicklungen im Bereich Wärmepumpen teilhaben will. Im Rahmen eines Übernahmeangebots kann SAP die Qualtrics-Beteiligung für rund USD 7,7 Mrd. an Silver Lake abgeben und erwirbt Leanix von einer Investorengruppe um die Deutsche Telekom. Für rund EUR 3,9 Mrd. übernimmt die Deutsche Börse das dänische Softwareunternehmen SimCorp. Die Deutsche Telekom sichert sich bei ihrer US-Tochter T-Mobile mit 50,2% die Mehrheit und damit die Möglichkeit, deren strategische Ausrichtung langfristig zu bestimmen. Mit einem nachgebesserten Übernahmeangebot leitet Schaeffler die Integration von Vitesco ein.

Finanzinvestoren in Lauerstellung

Das hohe Zinsniveau und volatile Märkte erschweren PE-Transaktionen. Dennoch kann Asterion Steag für rund EUR 2,6 Mrd. erwerben. EQT gelingt der schnelle Ausstieg bei Schülke & Mayr. Zusammen mit der Bitburger Holding bewertet das Strüngmann Family Office den erst 2020 durch EQT erworbenen Hersteller von Desinfektionsmitteln mit berichteten rund EUR 1,4 Mrd. Unter Beteiligung von GIC orchestriert Messer den Rückkauf der Beteiligung von CVC am Joint Venture Messer Industries. EQT und Cinven werden beim Deal Sourcing kreativ und geben Übernahmeangebote für Suse und Synlab ab, Unternehmen, die sie jeweils bereits im Portfolio und dann an die Börse gebracht hatten.

Aktivisten haben einen langen Atem

Zunächst verhindern Primestone und Engine Capital bei Brenntag eine mögliche Übernahme von Univar. Auf der Hauptversammlung der Gesellschaft können sich deren Kandidaten für den Aufsichtsrat auch aufgrund der Unterstützung der Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis fast durchsetzen. Danach betreibt das Brenntag Management die von den Aktivisten geforderte Aufspaltung des Chemikalien Großhändlers. Nach dem Einstieg von Elliott bei Fresenius wird die Dekonsolidierung von Fresenius Medical Care beschlossen und bei Bayer nutzen Bluebell, Elliott und Inclusive Capital die Schlagkraft institutioneller Investoren, so dass der Vorstandsvorsitzende Baumann vorzeitig abgelöst wird.

Industriepolitik in einer neuen Dimension

Der Staat wird zum Marktteilnehmer und weitet die Investmentkontrolle aus. Nach langen Verhandlungen steht die Übernahme der deutschen Tochter des niederländischen Netzbetreibers TenneT durch den deutschen Staat für mindestens EUR 20 Mrd. bevor. Auch wird bereits die auf den Erwerb folgende Weitergabe einer Mehrheitsbeteiligung erwogen. Nachdem es noch einmal zu Zweifeln am Einstieg von Cosco bei einem Hamburger Containerterminal kommt, wird der Erwerb einer Beteiligung in Höhe von 24,99% durch den chinesischen Staatskonzern letztlich doch genehmigt. Die systematische Zusammenführung der Vorschriften zur Investmentkontrolle in einem eigenen Gesetz wird für das nächste Jahr erwartet. Es ist mit einer weiteren Verschärfung des Kontrollregimes zu rechnen.

Keine Hilfe vom Kapitalmarkt

Nachdem der in der Vergangenheit noch aufgeschobene Börsengang der Thyssenkrupp Wasserstofftochter Nucera zunächst für Hoffnung gesorgt hatte und man bei Stada bereits über einen Dual Track Prozess zum Ausstieg von Bain und Cinven spekulierte, werden weitere IPOs nach der Sommerpause abgesagt. Börsengänge fallen als belastbare Option für einen Exit aus.

Was ist 2024 zu erwarten?

Wahrscheinlich geht es erst einmal so weiter wie in diesem Jahr. Wie die ergebnisoffenen Verhandlungen des Covestro Management mit ADNOC verlaufen und ob es zu einer Aufspaltung von Bayer kommt, kann Einfluss auf die Entwicklungen am deutschen M&A-Markt nehmen. Entscheidend wird jedoch sein, ob die geopolitische Situation Raum für Hoffnung lässt und wie sich das Inflations- und entsprechend das Zinsniveau in den relevanten Märkten entwickeln. Vieles scheint möglich

(Cleary Gottlieb Steen & Hamilton LLP vom 11.12.2023 / RES JURA Redaktionsbüro)


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