Trotz der langen Niedrigzinsphase behalten immer mehr Unternehmen ihr Nettoumlaufvermögen im Blick. So haben sich die Net-Working-Capital-Tage (NWC) der europäischen Unternehmen in elf von 15 Branchen verringert, so das Ergebnis einer Studie der Boston Consulting Group (BCG).
Die Unternehmensberatung hat die Daten von rund 700 Unternehmen aus 16 Ländern und 15 Branchen in den Jahren 2013 bis 2018 analysiert. Trotz guter Durchschnittswerte in vielen Branchen gibt es Verbesserungspotenzial. Im Medizintechnik-Sektor beispielsweise sind bei Unternehmen mit schlechter Working-Capital-Performance die Finanzmittel in den Wertschöpfungsprozessen mit 56 NWC-Tagen fast zwei Monate länger gebunden als im Branchendurchschnitt.
Positive Auswirkungen auf Rendite und Verschuldung
Unternehmen, die ihr Working-Capital-Management vernachlässigen, verzichten nicht nur auf ein erhebliches Liquiditätspotenzial, sondern auch auf Renditechancen. Denn die Studie konstatiert eine einen positiven Zusammenhang zwischen optimiertem NWC-Management und einer höheren Rentabilität. Beides erfordere tiefgreifende Veränderungen in den Kernprozessen, sodass sich im Rahmen von strukturierten Programmen zur Effizienzsteigerung Verbesserungen sowohl im Working Capital als auch im operativen Ergebnis erzielen lassen.
Von den elf Branchen mit optimiertem NWC-Management haben laut Studie sieben auch ihre durchschnittlichen EBITDA-Margen gesteigert. Ein ähnlicher Mechanismus lässt sich zwischen dem Nettoverschuldungsgrad und dem NWC-Management feststellen. „Die Optimierung des Nettoumlaufvermögens ist zweifellos ein wirksames Mittel, um die interne Finanzierung zu verbessern und die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen zu stärken – sei es im Tagesgeschäft oder angesichts eines Abschwungs“, sagt Tobias Wens, Managing Director und Partner bei BCG.
Digitale Tools unterstützen das NWC-Management
Wie in anderen Unternehmensbereichen auch haben digitale Technologien eine Katalysatorwirkung auf die Optimierung des Nettoumlaufvermögens. So helfen Advanced Analytics und künstliche Intelligenz, die enormen Datenmengen, die in den ERP-Systemen der Unternehmen zur Verfügung stehen, effektiv und im Sinne der Verringerung der NWC-Tage auszuwerten. Mit ihrer Hilfe können Unternehmen unter anderem Prognosen über das Zahlungsverhalten erstellen, sie können Muster in Forderungen und Verbindlichkeiten identifizieren und vieles mehr.
Ein erfolgreiches Working-Capital-Management erfordert eine eingehende Analyse der Geschäftstätigkeit unter Berücksichtigung branchenspezifischer Besonderheiten. Erst dann lässt sich eine maßgeschneiderte Strategie entwerfen. „Es gibt mehr als 100 Hebel, die für die Optimierung des Net Working Capitals zur Verfügung stehen. Wir empfehlen ein strukturiertes Framework, das die passenden Hebel orchestriert“, erklärt Wens. Durch einen solchen Prozess lassen sich laut BCG Forderungen aus Lieferungen und Leistungen um zehn bis 15 Prozent reduzieren, die Vorratshaltung um bis zu 30 Prozent. Auch Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen können um bis zu zehn Prozent optimiert werden. Zudem besteht weiteres Potential in Desinvestitionen und industriespezifischen Hebeln
Die komplette Studie „Boost Business Resilience by Improving Net Working Capital“ finden Sie unter https://www.bcg.com/publications/2019/boost-business-resilience-by-improving-net-working-capital.aspx
(Quelle: BCG vom 12.11.2019)