Die Verteilung von Risiken in der Vertragsgestaltung von Fusionen und Übernahmen tendiert in Europa weiterhin eindeutig zugunsten der Verkäuferseite. Wer ein Unternehmen veräußern will, kann seine Positionen deutlich besser durchsetzen, lautet das Fazit der achten CMS European M&A Study.
So gelang es den Verkäufern im vergangenen Jahr häufiger, niedrigere Haftungshöchstgrenzen und kürzere Garantiefristen neben anderen vorteilhaften Risikoverteilungsregelungen in Verträge einfließen zu lassen. „Eine anhaltende Terrorgefahr, Zinsanstiege in den USA, Chinas Wachstumsabkühlung und die Flüchtlingswelle – das Jahr 2015 war von vielen Unsicherheiten geprägt. Umso beachtlicher ist es, dass der Anteil Europas am globalen M&A-Markt mit 25% konstant geblieben ist“, sagt Stefan Brunnschweiler, Partner bei CMS in Zürich und Leiter der weltweiten CMS Corporate/M&A-Gruppe.
Verhandlungsposition hängt starkt vom Volumen der Transaktion ab
Für die Studie hat CMS 2770 Transaktionen von nicht börsennotierten öffentlichen und privaten Unternehmen, die CMS in den Jahren 2007 bis 2015 betreut hat, ausgewertet; davon entfielen 391 auf das vergangene Jahr. „Die Studie gewährt einzigartige Einblicke in rechtliche Regelungen von Fusions- und Übernahmeverträgen, zieht Vergleiche zwischen Europa und den USA und identifiziert relevante Entwicklungen am Markt“, sagt Dr. Maximilian Grub, Partner und Leiter des Geschäftsbereichs Gesellschaftsrecht von CMS Deutschland. Erstmals wird in der diesjährigen Studie auch untersucht, inwieweit bei einer M&A Transaktion unterschiedliche Transaktionswerte auch zu unterschiedlichen Regelungen führen. „Wir haben dabei beispielsweise festgestellt, dass Käufer bei Transaktionen mit einem Volumen von über 100 Mio. € weitaus häufiger noch ein Rücktrittsrecht vor Vollzug der Transaktion durchsetzen können, als dies bei kleineren Transaktionen der Fall ist. Auch sind Regelungen zu festen Kaufpreisen bei Transaktionen mit einem Wert über 100 Mio. € sehr viel häufiger anzutreffen, als bei kleineren Transaktionen“, erklärt Grub.
Das Jahr 2015 war für den M&A-Markt in Europa nach Transaktionswerten ein Rekordjahr. „Bei einer rückläufigen Anzahl der Transaktionen um 6% zeigt dies, dass Käufer hohe Preise zahlen mussten, um sich Deals zu sichern“, so Dr. Thomas Meyding, Partner bei CMS Stuttgart. „Angesichts der hohen Bewertung von Unternehmen haben Vertragsklauseln, die dem Käufer eine genaue Abgrenzung und Überprüfung des zu zahlenden Kaufpreises ermöglichen, wieder an Bedeutung gewonnen. Insbesondere Kaufpreisanpassungsklauseln zum Vollzug einer Transaktion und Earn-out-Regelungen, bei denen der endgültige Kaufpreis von der Entwicklung des Zielunternehmens abhängig ist, haben in der Verbreitung zugenommen“, so Meyding. In deutschsprachigen Ländern wurden Earn-out-Klauseln sogar bei 25% der Deals vereinbart – und damit häufiger als in allen anderen Regionen Europas.
Regionale Unterschiede in Unternehmenskaufverträgen
Nichtsdestotrotz sind Verkäufer deutlich im Vorteil. Dafür spricht die Zunahme verschiedener Regelungen, die für Verkäufer günstig sind. Unter anderem ist der Anteil von Transaktionen, bei denen Locked-Box-Klauseln zur Anwendung kamen, von durchschnittlich 41% in den fünf Vorjahren auf 56% in 2015 gestiegen. Darüber hinaus lag der Anteil der Deals mit Kaufpreisanpassungen in 2015 bei 49% und steigerte sich damit im Vergleich zu den Vorjahren (43%) um 6%.
Nach wie vor lassen sich regionale Unterschiede in Unternehmenskaufverträgen feststellen. So findet man in Frankreich weiterhin die niedrigsten Haftungshöchstgrenzen, dafür aber lange Verjährungsfristen für Garantieansprüche. In Mittel- und Osteuropa werden Schiedsverfahren häufiger als in jeder anderen Region als Mittel zur Streitbeilegung gewählt. Und im Vereinigten Königreich wiederum sind höhere Schwellenwerte für Garantieverletzungen (sog. De minimis- und Basket-Regelungen) am beliebtesten, obwohl die Haftungshöchstgrenzen der Verkäufer hier höher als in anderen Ländern sind. Die Transaktionen in deutschsprachigen Ländern bewegen sich, was die meisten Aspekte der Risikoverteilung anbelangt, im Mittelfeld.
Eine andere Dynamik ist dagegen bei Transaktionen in den USA zu beobachten, insbesondere im Hinblick auf die Verbreitung von Kaufpreisanpassungsklauseln – ihr Anteil lag in den Vereinigten Staaten bei 86%, in Europa bei nur 49%.
(Pressemitteilung CMS vom 22.03.2016)