Auch bei der Profitabilität liegen die US-Banken weiterhin deutlich vor den europäischen Großbanken: Die Eigenkapitalrentabilität – also die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals – lag im ersten Halbjahr bei den US-Banken bei 11,9% – nach 17,0% im Vorjahreszeitraum. Die europäischen Banken verzeichneten einen leichten Rückgang von 8,8 auf 8,2%. Damit lag die Profitabilität der europäischen Banken aber immerhin auf dem zweithöchsten Stand in den vergangenen zehn Jahren.
Während in den USA acht der zehn untersuchten Geldinstitute ein Konzernergebnis von mehr als 5 Mrd. € vorweisen konnten, gelang dies in Europa nur zwei Banken: der britischen HSBC und der französischen BNP Paribas. Das bestverdienende Institut unter den zwanzig analysierten Banken war die US-Großbank JPMorgan Chase, deren Konzernergebnis bei umgerechnet 16,2 Mrd. € lag.
Gesamtgewinn der Großbanken sinkt im ersten Halbjahr in den USA um 20%, in Europa um 4%
Auch der Börsenwert der Top Banken dies- und jenseits des Atlantiks ist unter Druck: Seit Jahresbeginn bis Ende September verzeichneten die europäischen Institute insgesamt einen Rückgang um 20% auf 396 Mrd. €. Der Börsenwert der US-Banken sank im gleichen Zeitraum um 18% auf 1,2 Billionen Euro. Die größten US-Banken sind damit derzeit fast dreimal so viel wert wie die größten europäischen Geldinstitute.
Trotz eines insgesamt sehr schwierigen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfelds haben sich die europäischen Großbanken insgesamt im ersten Halbjahr zufriedenstellend entwickelt, erklären die Studienautoren. Das Eigenkapital sei weiter gestiegen, die Zinswende führe bereits zu steigenden Zinseinnahmen und die Maßnahmen zur Steigerung etwa der Gebühreneinnahmen zeige Wirkung.
US-Banken aber weiter deutlich profitabler als europäische Wettbewerber
Die US-Banken, die deutlich stärker im Investment Banking engagiert sind, hätten stärker als die europäischen Banken unter den Verwerfungen an den Kapitalmärkten, dem Einbruch bei Börsengängen und dem rückläufigen M&A-Geschäft gelitten, so die Autoren der Studie. Dennoch bleibe der Trend der vergangenen Jahre intakt: Die großen US-Banken lassen ihre europäischen Wettbewerber beim Gewinn und der Profitabilität weit hinter sich – auch wenn der Abstand im ersten Halbjahr kleiner geworden sei.
Kreditausfälle drohen – Trübe Aussichten für den Bankensektor
Banken auf beiden Seiten des Atlantiks richten sich angesichts der drohenden Rezession auf kräftigen Gegenwind ein, beobachten die Autoren der Analyse. Die Kreditausfälle dürften steigen, daher müssten die Banken ihre Risikovorsorge hochfahren. Die anhaltend hohe Inflation, das schwindende Verbrauchervertrauen, die erheblichen Einbußen bei den verfügbaren Haushaltseinkommen – all das seien denkbar ungünstige Vorzeichen für die Entwicklung der Branche in den kommenden Monaten.
Zinswende bringt Aussicht auf steigende Zinseinnahmen
Die Gewinnsituation der europäischen Banken habe sich in den vergangenen Jahren zwar verbessert, sei aber immer noch nicht zufriedenstellend – auch nicht in Deutschland. Viele Geldinstitute haben ihre Kostenstruktur verbessert und ihre Einnahmen dank der Reduktion gebührenfreier Produkte und Dienstleistungen verbessert, stellen die Studienautoren fest. Auch Gebührenerhöhungen mache sich auf der Einnahmenseite positiv bemerkbar. Dennoch bleibe viel zu tun – etwa in den Bereichen Digitalisierung, Technologie und Compliance. Die drohende Rezession erhöhe den Handlungsdruck und dürfte auch zu neuen Kostensenkungs- und Effizienzmaßnahmen führen.
Geldinstitute insgesamt gut gerüstet für den bevorstehenden Wirtschaftsabschwung
Die Studienautoren sind dennoch überzeugt, dass die Widerstandsfähigkeit der europäischen Banken in den vergangenen Jahren gestiegen ist und die Geldinstitute insgesamt gut gerüstet sind für den bevorstehenden Wirtschaftsabschwung. Zudem führe die Zinswende zu hochwillkommenen zusätzlichen Zinseinnahmen, sodass Belastungen an anderer Stelle teilweise abgefedert werden können.
(Pressemitteilung EY vom 10.10.2022)