Das Geschäftsklima im Venture Capital-Markt hat sich im Spätsommer weiter vom Corona-Schock im Frühjahr erholt. Im 3. Quartal 2020 legt der Geschäftsklimaindikator des Frühphasensegments um 4,7 Zähler auf -9,5 Saldenpunkte zu. Die VC-Investoren bewerteten sowohl ihre aktuelle Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen besser als im Vorquartal, wenngleich beim Lageurteil nur ein kleines Plus zu Buche schlägt. Der Indikator für die aktuelle Geschäftslage steigt um 2,3 Zähler auf -11,9 Saldenpunkte, der Indikator für die Geschäftserwartung etwas kräftiger um 7,2 Zähler auf -1,1 Saldenpunkte.
Die ersten beiden Quartale zeichneten jeweils ein sehr einheitliches Bild von der Entwicklung des Marktumfelds. Der Corona-Schock zog die Klimaindikatoren im 1. Quartal runter, im 2. Quartal löste sich die Schockstarre wieder und die Beurteilungen des Marktumfelds erholten sich. Im 3. Quartal ist das Bild differenzierter. Mit dem Fundraisingklima, der Bereitschaft für Neuinvestitionen sowie der Qualität des Deal¬flows erholen sich drei zentrale Indikatoren weiter. Die Beurteilungen von Fundraising und Qualität des Dealflows liegen sogar wieder im grünen Bereich. Beim Fundraising scheinen die Corona-Sorgen der VC-Investoren also weitgehend verschwunden zu sein – mit der Qualität des Dealflows waren sie schon vor der Corona-Krise unzufriedener. Der einzige Indikator, der sich kaum verändert, ist der Wertberichtigungsdruck. Hier bleibt die Beurteilung auf dem Niveau des Vorquartals und damit im roten Bereich. Alle anderen Indikatoren verschlechtern sich nach der Erholung aber wieder und verlieren teilweise deutlich. Die Entwicklungen sind allerdings an den zuvor erreichten Niveaus zu messen. So liegen die Indikatoren zu Einstiegsbewertungen und Innovationen trotz großer Einbußen noch auf Normalniveau. Die Beurteilungen der Fördermaßnahmen oder des steuerlichen Rahmens bleiben trotz der Rückgänge sogar klar im grünen Bereich. Am schlechtesten schneidet das Exitklima ab, insbesondere mit Blick auf Trade-sales – strategische Käufer aus der Industrie fallen derzeit als Exit-Option aus.
„Die Corona-Krise brachte viel Unsicherheit in den deutschen VC-Markt“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, „plötzlich schienen Fundraisingquellen auszutrocknen, Portfolio-Unternehmen auszufallen und Exitkanäle zusammenzubrechen. Glücklicherweise ist die derzeitige Lage besser als zunächst befürchtet, sicherlich auch dank der Start-up-Hilfen von Bundesregierung und KfW. Dem Marktumfeld fehlt es zwar noch einiges zum Vor-Corona-Niveau, die sich wieder aufhellende Stimmung bezüglich Fundraising und Neuinvestitionen sind aber gute Nachrichten insbesondere für Start-ups, die auf der Suche nach Venture Capital sind. Das Risiko, durch die Krise eine ganze Start-up-Generation zu verlieren, hat sich in den letzten Wochen deutlich reduziert.“
„Die große Depression ist ausgeblieben. Die Venture Capital-Branche bewegt sich aus dem Tal der Tränen heraus“, so Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK. „Das Investitionsgeschehen zeigte sich zuletzt erfreulich rege und auch einige sehr große Runden wurden finanziert. Ebenso erfreulich ist das verbesserte Fundraising-Klima, um neue Fonds und damit das zukünftige Kapitalangebot für Start-ups zu sichern. Hierzu dürfte auch die Bundesregierung mit ihren Venture Capital-Programmen beigetragen haben. Kritisch bleibt das Thema Exits. Erfolgreiche Verkäufe dürften auf absehbare Zeit Mangelware bleiben.“
(Pressemitteilung KfW vom 09.11.2020)