Die kumulierten Nettogewinne der zehn der nach Bilanzsumme größten europäischen Banken haben im ersten Halbjahr mit 75 Milliarden Euro einen deutlichen Zuwachs von 80 % erzielt – und liegen damit fast gleichauf mit den kumulierten Nettogewinnen der nach Bilanzsumme zehn größten US-Pendants. Dieser deutliche Anstieg ist vor allem auf den Gewinnsprung bei der Schweizer Bank UBS nach deren Übernahme der Credit Suisse zurückzuführen – mit einem Konzernergebnis von 27,4 Milliarden Euro per 30.6.2023. Die zehn größten US-Kreditinstitute konnten im ersten Halbjahr ebenfalls gestiegene Nettogewinne bilanzieren, sie wuchsen um 7 % auf rund 82 Milliarden Euro.
Der Return on Equity (RoE) im Vergleich
Bei der Profitabilität ist erstmals seit zehn Jahren eine Veränderung zu beobachten: Der Return on Equity (RoE) der europäischen Banken lag per 30.06.2023 bei 15,5 %, ein Plus von 5,9 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt – was allerdings in erster Linie auf das stark verbesserte Ergebnis der UBS aufgrund der Übernahme und erstmaligen Konsolidierung der Credit Suisse zurückzuführen ist (ohne CS-Berücksichtigung liegt UBS-Nettogewinn im HJ 1/2023 bei knapp zwei Milliarden Euro).
Damit erreichte diese Zahl den mit Abstand höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Die amerikanischen Banken wiesen zum 30.06.2023 einen RoE von 12,6 % auf – und damit erstmals in den vergangenen zehn Jahren einen niedrigeren Wert als die europäischen Top 10. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer EY-Analyse der Bilanzen der jeweils nach Bilanzsumme zehn größten Banken in den Vereinigten Staaten und Europa.
Bestverdiener unter allen zwanzig analysierten Banken war im ersten Halbjahr 2023 die UBS mit einem Nettogewinn von 27,4 Milliarden Euro, gefolgt von der US-Bank JPMorgan Chase mit 24,8 Milliarden Euro.
Steigende Börsenwerte in Europa, eher sinkende in den USA
Auch die Marktkapitalisierung der Top Banken dies- und jenseits des Atlantiks spiegelt die insgesamt gute Entwicklung der europäischen Banken wider: Seit Jahresbeginn bis Ende August 2023 verzeichneten die europäischen Institute insgesamt einen Anstieg um 14 % auf 522,5 Milliarden Euro. Der kumulierte Börsenwert der US-Banken sank im gleichen Zeitraum hingegen um 6 % auf 1,15 Billionen Euro.
Herausforderungen bleiben – weitere Zinsentwicklung maßgeblich
„Die europäischen Großbanken haben in den vergangenen Monaten von den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank und der damit einhergehenden Ausweitung der Zinsmarge deutlich profitiert, ihre US-Pendants gleichermaßen“, urteilt Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. „Diese Zinsentwicklung hat die negativen Effekte aus Ukraine-Krieg, Inflation und stagnierendem Wirtschaftswachstum in Europa überkompensiert.“
„Die Ertragsentwicklung der US-Banken wurde von mehreren Faktoren beeinflusst. Zwar wirkten sich die gestiegenen Zinsen auch dort positiv aus, aber gleichzeitig bremsten andere Faktoren die Entwicklung deutlich“, ergänzte Robert Melnyk, Partner und Leiter Banking & Capital Markets bei EY. „Die Pleite der Silicon Valley Bank, die Turbulenzen im Technologiesektor und das weiterhin schwache Geschäft mit Börsengängen und M&A haben die US-Banken eindeutig stärker betroffen, wie der Vergleich der Eigenkapitalrendite zeigt.“
Ausblick: politische und makroökonomische Unsicherheiten bleiben
„Die weitere Entwicklung im Bankensektor hängt vor allem von zwei Faktoren ab – und bleibt unsicher. Noch steht das Ende der Zinserhöhungen weder in den USA noch in der EU fest, hier halten sich beide Zentralbanken weiterhin sehr bedeckt. Zugleich sind die Aussichten für die Konjunkturentwicklung in beiden Regionen mittlerweile unterschiedlich“, analysiert Ralf Eckert. „Während in den USA das Wirtschaftswachstum weiterhin robust ist und eine Abschwächung nicht erkennbar ist, steht die EZB vor einem Dilemma. In einigen großen EU-Ländern – Deutschland ist ein Beispiel – stagniert das Bruttoinlandsprodukt bei nach wie vor erheblichem inflationärem Druck. Diese Dichotomie werden die europäischen Banken weiterhin spüren, wenn Wachstumsimpulse weiterhin fehlen.“
Kluges Kosten- und Risikomanagement bleiben das A und O, ergänzt Melnyk: „Banken auf beiden Seiten des Atlantiks werden weiterhin daran arbeiten, ihre Kostenstrukturen zu optimieren und die Rentabilität zu verbessern. Die jüngsten Ankündigungen einiger Wall-Street-Banken belegen dies eindrücklich“. Insbesondere erwartet er, dass die Anstrengungen zur Verbesserung der Eigenkapitalquoten unverändert weitergehen.
(EY vom 18.09.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)