06.03.2025

Kreditmarkt weiter unter Druck

Die Mehrheit der befragten Banken rechnet für die kommenden Monate mit einer Zunahme von Kreditausfällen und Non-Performing-Loans.

Beitrag mit Bild

©Stockfotos-MG/fotolia.com

Die Lage auf dem deutschen Kreditmarkt bleibt angespannt, notwendige Finanzierungen werden für Unternehmen immer schwieriger. Das zeigt der neue Kreditmarkt-Monitor, für den Deloitte Ende 2024 Führungskräfte und Kreditfachleute aus 120 Instituten in Deutschland befragt hat. Demnach haben zwei von drei der teilnehmenden Banken im vergangenen Jahr ihre Kreditvergabestandards – auch im Zusammenhang mit den zahlreichen neuen EU-Regularien – deutlich verschärft.

Knapp ein Viertel der befragten Institute setzt zudem auf sogenannte Financial Covenants, die eine Verpflichtung zur Einhaltung festgelegter finanzieller Anforderungen festlegen, etwa die maximale Verschuldung gemessen am Nettoverschuldungsgrad. Immerhin 17 % wollen aus strategischen Gründen ihr Neugeschäft reduzieren.

Entspannung ist nicht in Sicht – die konjunkturellen Aussichten in Deutschland bleiben ebenso getrübt wie die Stimmung der teilnehmenden Kreditinstitute, von denen fast die Hälfte die gesamtwirtschaftliche Lage Deutschlands als schlecht oder sogar sehr schlecht bewertete. Zugleich prognostizieren die Finanzexperten eine Zunahme der Kreditvergabe in den kommenden zwölf Monaten: 53 % erwarten einen leichten Anstieg, weitere drei % sogar ein deutliches Plus.

„Die aktuelle Lage im Kreditmarkt scheint widersprüchlich“, sagt Christoph Rössle, Partner bei Deloitte: „Einerseits haben die Institute ihre Vergabekriterien deutlich nachgeschärft und erwarten überwiegend einen Anstieg bei der Kreditvergabe, andererseits sehen viele Banken eine drohende Zunahme von Non-Performing-Loans und Kreditausfällen. In diesem Spannungsfeld wird es für sie immer herausfordernder, Geld für Unternehmen bereitzustellen.“

Breite Palette an Herausforderungen mit Sprengkraft

Die größten Probleme für Kreditnehmer resultieren laut Befragung weiterhin aus dem Fachkräftemangel sowie aus den zunehmenden regulatorischen Ansprüchen und steigenden Personalkosten. Hinzu kommen die zahlreichen ESG-Kriterien, die Digitalisierung sowie geopolitische Konflikte als wichtige makroökonomische Herausforderungen.

Entsprechend erwarten 76 % der Befragten eine Zunahme von Kreditausfällen bei Veränderungen der makroökonomischen Rahmenbedingungen. Gut zwei von fünf Umfrageteilnehmenden gehen aufgrund von Konflikten wie in der Ukraine und im Nahen Osten von einer Verschlechterung des gesamten Geschäftsumfelds aus.

Diese negative Einschätzung findet sich auch in der Bewertung der Qualität der Kreditportfolios. So gehen zwei Drittel der Befragten davon aus, dass die Non-Performing-Loan-Quote (NPL) zunehmen wird – obwohl 65 % der Institute ihre Frühwarnsysteme angepasst haben und wirtschaftlichen sowie geopolitischen Herausforderungen einen größeren Stellenwert als in der Vergangenheit einräumen.

Hohe Finanzierungshürden bei Bau, Immobilien und Auto

Wegen spezifischer Probleme ist es für Unternehmen bestimmter Branchen laut Einschätzung der Befragten schwer, neue Kredite bewilligt zu bekommen. Als besonders kritischen Fall sehen 63 % der befragten Banken das Baugewerbe, wo sich trotz der jüngsten Zinssenkungen das anhaltend höhere Zinsniveau gegenüber der Lage vor drei Jahren – in Verbindung mit gestiegenen Baukosten – bemerkbar macht.

Ebenfalls problematisch stufen 50 % den Immobiliensektor ein, was vor allem auf den Entwicklungen bei Gewerbeimmobilien basiert: So haben sich Arbeitstage im Homeoffice etabliert, was die Nachfrage nach Büroflächen drosselt. Und Einzelhändler müssen weiterhin mit ihren teuren Handelsflächen im Wettbewerb mit dem Onlinehandel bestehen.

Auch für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer wird es schwieriger, Fremdkapital zu bekommen – in der aktuellen Befragung sehen 43 % der Institute vor allem die zunehmend schwierige Position der deutschen Autohersteller im chinesischen Markt sowie die Herausforderungen durch die Umstellung auf Elektromobilität als herausfordernd für die Vergabe neuer Kredite.

Einfluss der ESG-Kriterien auf Kreditentscheidungen steigt

Auffällig ist hingegen die hohe Kreditwürdigkeit erneuerbarer Energiequellen: Nur 2 % der Institute rechnen mit Komplikationen bei der Fremdkapitalfinanzierung im Bereich erneuerbarer Energien. In dieses Bild passt auch der immer stärker werdende Einfluss der ESG-Kriterien auf die Neukreditvergabe: 91 % der Befragten erwarten langfristige Auswirkungen der Nachhaltigkeitsbewertung auf das Volumen der Neukredite, mittelfristig sind es 88 %. Aktuell indes sind die ESG-Auswirkungen für viele Institute noch überschaubar, nur 43 % rechnen mit kurzfristigen Auswirkungen.

Geopolitische und geoökonomische Kompetenzen gefragt

„2025 wird – nicht zuletzt infolge der politischen Veränderungen in den USA und Deutschland – ein entscheidendes Jahr für die deutsche Wirtschaft“, so Christoph Rössle. „Diese politischen Einschnitte finden vor dem Hintergrund schwachen Wachstums in Europa und wirtschaftlicher Stagnation in Deutschland sowie einer geopolitischen Lage mit drohenden Handelskriegen statt.“ Banken und Unternehmen müssten sich daher weit über das laufende Jahr hinaus auf ein neues Umfeld einstellen, betont Rössle: „Es wird noch wichtiger, geopolitische und geoökonomische Kompetenzen zu entwickeln, Trends und Risiken zu identifizieren und diese in die Strategie hinsichtlich der Standort-, Lieferketten- und Kreditentscheidungen zu integrieren. Die zweite Hälfte der 2020er-Jahre dürfte sehr stark von diesen Entwicklungen geprägt werden.“

(Deloitte vom 05.03.2025 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)


Weitere Meldungen


Meldung

Corporate Finance

30.10.2025

Mittelstand profitiert von seiner Flexibilität

Die geopolitische Situation und die zunehmend fragileren Handelsbeziehungen fordern aktuell besonders exportorientierte kleine und mittlere Unternehmen heraus. „Zugleich bietet der expandierende Verteidigungsbereich aber auch Chancen für Unternehmen, die bereit sind, ihr Geschäftsmodell entsprechend zu verändern. Aufgrund ihrer flachen Hierarchieebenen können kleine und mittlere Unternehmen dabei deutlich flexibler als Großunternehmen agieren, was sich wiederum auf ihre

Mittelstand profitiert von seiner Flexibilität
Meldung

©designer491/fotolia.com

29.10.2025

Weltweite M&A-Aktivität nimmt zu

Weniger ist mehr: Der weltweite Markt für Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) zeigt eine klare Verschiebung von Quantität zu Qualität. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2025 stieg der globale Transaktionswert im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent auf 1,93 Billionen US-Dollar, während die Zahl der Deals um rund vier Prozent auf

Weltweite M&A-Aktivität nimmt zu
Meldung

© pichetw/fotolia.com

28.10.2025

Investitionspaket: Mehrheit der Unternehmen erwartet keinen merklichen Effekt

Die Fiskalpakete der Bundesregierung bringen noch nicht die erhoffte Wirkung. Über die Hälfte der Unternehmen in Deutschland (56%) erwartet keinen merklichen Effekt durch das beschlossene Investitionspaket für Infrastruktur und Verteidigung, wie eine aktuelle Deloitte-Befragung zeigt. Die Ernüchterung ist besonders im verarbeitenden Gewerbe groß: Drei Viertel der Unternehmen (74%) rechnen hier mit keinerlei spürbaren Auswirkungen. Über

Investitionspaket: Mehrheit der Unternehmen erwartet keinen merklichen Effekt

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank